In Promise Falls, einer Kleinstadt an der US-amerikanischen Ostküste, gehen buchstäblich allmählich die Lichter aus. Nachdem bereits der Journalist David Harwood aus Boston in seine Heimatstadt zurückgekehrt war, um bei der Lokalzeitung anzuheuern, die gleich darauf eingestellt wurde, öffnet nun mit dem Constellation auch das Autokino der Stadt zum letzten Mal seine Tore.
Wie üblich sollen auch bei der Abschiedsvorstellung drei Filme hintereinander gezeigt werden, um sowohl für die Kleinsten als auch für die Erwachsenen etwas zu bieten. Doch bevor der erste Film auf der Leinwand läuft, führt eine kleine Explosion dazu, dass die Leinwand in das Publikum fällt und vier Menschen zu Tode quetscht, darunter auch Adam Chalmers und vermutlich seine bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Frau Miriam.
Während der Constellation-Besitzer Derek Grayson davon ausgeht, dass die beauftragte Abrissfirma für den Unfall verantwortlich ist, will Ex-Bürgermeister Randy Finley die Katastrophe für seine erneute Kandidatur ausschlachten. Die Ermittlungen von Polizeichef Barry Duckworth kommen zunächst nicht voran, doch dann scheinen sich Verbindungen zu früheren Vorfällen aufzutun, in denen die Zahl 23 eine Rolle gespielt hatte, schließlich stürzte die Leinwand um 23:23 Uhr zusammen.
„Nun stellte sich die Frage, ob er diese Information, so spekulativ sie auch sein mochte, publik machen sollte. Vielleicht war es Zeit, die Öffentlichkeit um Mithilfe zu bitten. Irgendjemand wusste möglicherweise etwas. Vielleicht gab es in einer Familie ein Sorgenkind, einen Verwandten mit einer unerklärlichen Fixierung auf diese Zahl. Wenn Psalm 23 eine Rolle spielte – ‚Und ob ich schon wanderte im finstern Tal / fürchte ich kein Unglück‘ – war vielleicht ein religiöser Eiferer am Werk.“ (S. 126)Doch auch der Mord an Olivia Fisher vor drei Jahren und nun an Rosemary Gaynor hält den Detective auf Trab. Auch hier scheint es eine noch nicht aufgedeckte Verknüpfung zu geben. Währenddessen wird der Privatermittler Cal Weaver von Adam Chalmers-Tochter Lucy Brighton beauftragt, den Einbruch in das Haus ihrer Eltern aufzuklären. Dabei stößt er auf ein geheimes Zimmer, in dem offensichtlich Sextreffen stattfanden und auf Video aufgezeichnet wurden. Die dazugehörigen DVDs sind allerdings verschwunden …
Nachdem in „Lügennest“ der nach Promise Falls zurückgekehrte Reporter David Harwood als Ich-Erzähler fungierte und die merkwürdigen Vorkommnisse in der Kleinstadt untersuchte, setzt Linwood Barclay im zweiten Band seiner Trilogie nun den ebenfalls von außerhalb zugereisten Privatermittler Cal Weaver als Erzähler ein, der allerdings auch ein alter Bekannter von Detective Duckworth ist.
Auch wenn es bereits in Band I eine Vielzahl von Nebensträngen gab, die auf die zusammenhängende Bedeutung der Zahl 23 ausgerichtet war, war der Plot doch straff gestrickt und spannend zu lesen. Im nun vorliegenden Folgeband verzettelt sich der Autor allerdings zunehmend in einem unüberschaubaren Geflecht von Handlungen, die logischerweise an das Geschehen in „Lügennest“ anknüpfen, aber nur noch angerissen werden.
Allerdings kommen nun noch so viele neue Figuren und Verstrickungen dazu, dass dabei nicht nur die Spannung, sondern vor allem auch die Figurenzeichnung auf der Strecke bleibt. Das ist insofern schade, als dass viele Figuren – wie der Reporter, der Privatermittler, der Detective und Harwoods Love Interest Samantha – interessant genug erscheinen, um differenzierter ausgestaltet zu werden. Auf der anderen Seite wird die Ermittlungsarbeit eher skizzenhaft abgerissen, worunter die Atmosphäre leidet.
Bleibt nur zu hoffen, dass der abschließende Band „Lügenfalle“ wieder die Kurve bekommt, sich besser auf die Haupthandlung zu fokussieren versteht und die vielversprechend begonnene Trilogie zu einem versöhnlichen Ausklang bringt.
Leseprobe Linwood Barclay - "Promise Falls II: Lügennacht"
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