Wallace Stroby – (Sara Cross: 1) „Zum Greifen nah“

Dienstag, 18. Februar 2020

(Pendragon, 358 S.,Pb.)
Als die Streifenpolizistin Sara Cross in einer Nacht Mitte Oktober zu einem Tatort gerufen wird, stößt sie auf niemand Geringeren als ihren Kollegen und Ex-Freund Billy Flynn vor einem Honda aus New Jersey. Für den jungen, viel zu gut für diese Gegend gekleideten Schwarzen am Boden kommt jede Hilfe zu spät. Wie Billy ihr glaubhaft versichert, hat er den Fahrer des Wagens wegen seiner merkwürdigen Fahrweise zum Stehen und Aussteigen aufgefordert, doch als der Unbekannte den Kofferraum öffnen sollte, schien er mit dem nun am Boden liegenden Taurus-Revolver das Feuer auf Billy eröffnen zu wollen, worauf der Cop den Mann mit drei Schüssen in die Brust und in die Seite niederstreckte.
Im Kofferraum des Wagens entdeckt Sara eine Nylontasche voller Waffen. Für Sheriff Hammond, den stellvertretenden und für interne Ermittlungen zuständigen Sheriff Elwood und Boone vom Büro des Staatsanwalts in La Belle scheint die Sache ebenso klar zu sein, dass es sich um „unvermeidliche Schüsse“ handelte, doch Sara hat so ihre Zweifel, die nicht nur dadurch verstärkt werden, dass die Lebensgefährtin des getöteten Derek Willis auftaucht, um sich eine eigene Meinung von den Ereignissen zu bilden, sondern auch durch Billys Verhalten, der auf einmal wieder die Nähe von Sara sucht, die ihn vor zwei Jahre in die Wüste schickte, weil er sich mit einer anderen Frau herumgetrieben hatte. Dass an der ganzen Sache etwas faul ist, wird Sara spätestens dann klar, als üble Typen in der Kleinstadt auftauchen, die offensichtlich eine Menge Geld vermissen …
„Ob Elwood und der Sheriff wohl auch über die Taurus ins Grübeln gekommen waren? Und falls nicht: Machte es überhaupt noch Sinn, ihre Aufmerksamkeit auf diese Ungereimtheit zu lenken? Der Fall war angeschlossen, Billy juristisch entlastet. Wäre es nicht etwas seltsam, wenn gerade sie den Fall wieder aufrollen würde?“ (S. 183) 
Der ehemalige Polizeireporter Wallace Stroby hat bereits mit der Auftragsdiebin Crissa Stone eine faszinierende Frauenfigur geschaffen, die immerhin in vier Fällen die Krimi-Leserschaft fesseln durfte. Mit der taffen Kleinstadt-Polizistin Sara Cross sorgt der Bielefelder Pendragon-Verlag nun für adäquaten Nachschub und veröffentlicht den bereits 2009 erschienen ersten Band der Reihe um Kleinstadtpolizistin Sara Cross, „Gone ´Til November“, als deutsche Erstausgabe. Der temporeiche Krimi beginnt gleich mit dem Besuch des Tatorts, auf den in rascher Folge noch einige weitere folgen werden. Erst nach und nach werden die Figuren eingeführt. Sara Cross wird als alleinerziehende Mutter eingeführt, deren sechsjähriger Sohn Danny gerade eine Erstbehandlung wegen Leukämie zu verkraften hat. Billy erweist sich dagegen als charakterschwacher Ex-Freund, dem zwar noch spürbar viel an Sara liegt, aber jetzt mit einer echten Schlampe liiert ist und der ganz offensichtlich Dreck am Stecken hat.
Die Spannung wird aber vor allem durch das Eintreffen des darmkrebskranken Morgan erzeugt, der im Auftrag des Drogenhändlers Mikey das Geld wiederbeschaffen soll, dass nach Dereks Tod spurlos verschwunden zu sein scheint. Zur Sicherheit schickt Mikey auch noch die beiden Brüder Dante und DeWayne hinterher. Wirklich überraschende Wendungen hat „Zum Greifen nah“ nicht zu bieten. Tatsächlich spult Stroby den Plot absolut schnörkellos zu seinem voraussagbaren Ende ab. Die Dialoge zwischen Sara und Billy, in denen immer wieder Billys Fehler und Entschuldigen thematisiert werden, nerven auf Dauer etwas, auch wird in den Szenen zwischen Sara und ihrem Sohn längst nicht das Potential der emotional aufgeladenen Beziehung erschöpft. Wer sich an den recht oberflächlich gezeichneten Figuren aber nicht stört und einfach unkomplizierte und straff inszenierte Krimi-Action konsumieren möchte, ist mit „Zum Greifen nah“ gut bedient.

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