Wieland Schwanebeck – „James Bond. 100 Seiten“

Samstag, 20. Februar 2021

(Reclam, 102 S., Tb.) 
Seit Ian Fleming (1908-1964) nach seiner Karriere als Journalist und Wertpapierhändler 1953 damit begann, Romane und Kurzgeschichten um den britischen Geheimagenten James Bond zu verfassen, ist Bond seit dem ersten 007-Kino-Abenteuer „James Bond jagt Dr. No“ (1962) zu einem internationalen Markenzeichen avanciert, das vor allem die Sicht, wie ein echter Kerl zu sein hat, bis heute prägt. 
Bevor der 25. Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ verspätet in diesem Jahr in die Kinos kommt, ist der anglistische Kultur- und Literaturwissenschaftler Wieland Schwanebeck in dem bereits bewährten 100-Seiten-Format der entsprechenden Reclam-Reihe dem Phänomen „James Bond“ auf ebenso unterhaltsame wie tiefgründige Weise auf den Grund gegangen. 
Darin wird eingangs das Phänomen untersucht, wie James Bond als eine Art Übermensch jeden Versuch der Schurken, ihn ins Jenseits zu befördern, auf ebenso coole wie stilvolle Weise zu parieren vermag und dabei so ikonische Szenen prägt, als er beispielsweise in „Der Spion, der mich liebte“ (1977) auf Skiern mit einem Fallschirm einen Abhang hinunterrast und seinen verblüfften Verfolgern beim Sprung in den vermeintlich tödlichen Abgrund den Union Jack auf dem Fallschirm präsentiert. Natürlich gibt es viele weitere Themen in der über 60-jährigen Erfolgsgeschichte von James Bond, über die sich vortrefflich referieren lässt. 
Dazu gehört die Auseinandersetzung mit dem Vorwurf, dass die Physik der Filme unwissenschaftlich sei, die oft exotischen Kulissen eigentlich zu schön sind, um wahr zu sein, und Bond immer genau die Gadgets von Q zur Verfügung gestellt werden, die er für seine Mission definitiv brauchen wird – ohne auch nur eines unbenutzt zurückgeben zu müssen. Der Autor umreißt kurz Flemings Werdegang und Persönlichkeit, dann den Beginn der Roman-Adaptionen für Film und Fernsehen, den weltweiten Siegeszug der Produktionen von Harry Saltzman und Albert R. Broccoli, die wichtige Mischung aus Vertrautem und Innovation und das bewährte Baukastenprinzip der Bond-Filme, bei denen stets Fragen nach den Schurken, der Hilfsmittel und Verkehrsmittel im Fokus stehen. 
Schwanebeck markiert die Bedeutungen, die die einzelnen Bond-Darsteller im 007-Universum einnehmen, erwähnt aber auch die Geschichten, die jenseits bewährter Konzepte erzählt werden: 
Diamantenfieber, in dem es James Bond mit schwulen Killern zu tun bekommt und sich durch eine Vielzahl enger, morastiger Löcher quetschen muss, ist eine Geschichte von Homophobie und männlichem Selbstzweifel; Goldfinger handelt von der Kluft zwischen reiner Schaulust und dem Wunsch anzufassen und mitzumachen; und Skyfall lässt sich auch ohne Diplom in Psychoanalyse als eine Geschichte über gestörte Eltern-Kind-Beziehungen lesen und über die Unmöglichkeit, nach Hause zurückzukehren.“ (S. 32) 
Schwanebeck weist natürlich auch auf den Zusammenhang zwischen dem britischen hegemonialen Anspruch, die Welt zu retten, und James Bonds auffallend üppigen sexuellen Appetit hin, womit sowohl Fleming als auch die Filmemacher auf den Bedeutungsverlust des britischen Empires reagiert haben. Das Verhältnis zwischen Bond, den Superschurken und vor allem zu den Bond-Girls nimmt ebenso ein eigenes Kapitel ein wie die offensichtliche Notwendigkeit, im Titel eines Bond-Films auf Tod, Sterben und die Endlichkeit des Daseins hinzuweisen. 
Verschiedene Übersichten, vereinzelte Schwarz-Weiß-Illustrationen und Literaturtipps runden das kleine, aber höchst aufschlussreiche Bändchen ab, das sich auch für Fans lohnt, die bereits alles über ihren Lieblings-Superhelden zu wissen glauben.  

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