Dan Simmons – (Hyperion: 4) „Endymion - Die Auferstehung“

Dienstag, 13. Dezember 2022

(Goldmann, 864 S., Pb.) 
Ende der 1980er Jahre schuf der US-amerikanische Schriftsteller Dan Simmons („Göttin des Todes“, „Kraft des Bösen“) mit den zweibändigen „Hyperion-Gesängen“ ein mit einem Locus Award und einem Hugo Award prämiertes Science-Fiction-Epos, auf das 1997 mit „Endymion“ seine unerwartete, doch begeistert aufgenommene Fortsetzung folgte, die nur ein Jahr später mit dem fast 900 Seiten umfassenden „The Rise of Endymion“ ihren Abschluss fand. Hierzulande sind die beiden „Hyperion“-Bände bei Heyne veröffentlicht worden. Die Fortsetzungen erschienen als „Endymion – Die Pforten der Zeit“ und „Endymion – Die Auferstehung“ zunächst in Einzelbänden bei Goldmann, dann als Sammelbände bei Blanvalet und schließlich Heyne. 
„Endymion – Die Pforten der Zeit“ erzählte von Aeneas Verschwinden und der Suche nach ihr durch den Pax auf der einen und den Dichter Martin Silenus auf der anderen Seite. Um die Tochter von Brawne Lamia und Johnny, der KI-Rekonstruktion des Dichters John Keats, aus dem Zeitgrab Sphinx auf Hyperion zurückzuholen, schickte der Pax 30.000 Soldaten, darunter 5.000 Schweizergardisten, zu den Gräbern, während der Dichter nur den Touristenführer, Landschaftskünstler und Barkeeper Raul Endymion entsandte. Durch das Shrike, einer zeitmanipulierenden Kampfmaschine aus der Zukunft, werden die Truppen des Pax vernichtend geschlagen, und Aenea gelingt mit Raul mithilfe der seit dem Fall deaktivierten Farcaster auf die Welten der ehemaligen Hegemonie zu flüchten und mit Unterstützung von Pater Captain de Soya, der das Mädchen eigentlich in den Vatikan schaffen sollte, auf der Alten Erde zu landen. 
„Endymion – Die Auferstehung“ beginnt mit dem Tod von Papst Julius XIV. und der erneuten Ermordung des Gegenpapstes Pater Duré. Währenddessen hat Aenea ihre vierjährige Ausbildung bei der inzwischen verstorbenen Cybrid-Rekonstruktion des Architekten Frank Lloyd Wright beendet und schickt Raul allein zurück auf den Tethysfluss, um das inzwischen reparierte Raumschiff des Konsuls zu suchen. Sie selbst realisiert auf verschiedenen Welten unterschiedliche Bauaufträge als Architektin und setzt ihre von der Kurie gefürchtete Mission fort, als „Die, die lehrt“ die Sprache der Lebenden, die Sprache der Toten und die Musik der Sphären zu verbreiten und vor der parasitären Kruziform zu warnen, die die Kirche des Pax ihren Jüngern als Mittel der ständigen Wiedergeburt anpreist. Mit der Kommunion, bei der Aeneas Anhänger mit ihrem Blut versetzten Wein zu sich nehmen, verzichten diese auf das Tragen der Kruziform. Währenddessen findet Raul zwar das gesuchte Schiff, ist aber so schwer verletzt, dass er vom Autodoc an Bord erst einmal zusammengeflickt werden muss. 
Als Raul seine junge Freundin am vereinbarten Treffpunkt auf dem Planeten T‘ien Shan wiedertrifft, ist Aenea durch die fünfjährige Zeitschuld, die Raul auf sich nehmen musste, mittlerweile 21 Jahre alt und eine attraktive junge Frau, mit der Raul eine romantische, leidenschaftliche Liebesbeziehung eingeht. Doch dann müssen sie sich Nemes stellen, der nichtmenschlichen Kreatur des Techno-Core, die aus dem Lavagefängnis befreit werden konnte, in das sie Pater Captain de Soya eingeschlossen hatte, und nun Aenea und ihre Begleiter endgültig töten will. Schließlich sucht Aenea die offene Konfrontation mit dem Pax und kündigt dem neuen Papst Urban XVI. ihren Besuch im Vatikan auf Pacem an. 
„Was, beim gottverdammten Teufel, sollte das heißen? Wie konnte Aenea nach Pacem gehen und überleben? Unmöglich. Aber wohin sie auch ging, eines wusste ich mit Sicherheit: Ich würde an ihrer Seite sein. Was bedeutete, dass sie mich auch umbrachte, wenn sie zu ihrem Wort stand. Und das tat sie immer. Ich komme nach Pacem. War das nur eine List, um ihre Flotte abzulenken? Eine leere Drohung … eine Möglichkeit, sie aufzuhalten? Ich wollte meine Liebste schütteln, bis ihr die Zähne ausfielen und sie mir alles erklärte.“ (S. 686) 
Es erfordert schon ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration, sich mit dem großen, in jeder Hinsicht epischen Finale der gigantischen Space Opera auseinanderzusetzen, wenn sich die als Erlöserin prophezeite Aenea von einem elfjährigen Kind zu einer charismatischen und weisen jungen Frau entwickelt und für knapp zwei Jahre ohne ihren Geliebten Raul Endymion, der wieder als Ich-Erzähler fungiert, allein durch die Welten ´castet und eine Allianz gegen den Pax und den TechnoCore zu schmieden versucht.  
Dan Simmons gelingt es während der abenteuerlichen Odyssee nicht nur, immer neue Welten und Planeten zu erschaffen, sondern auch weithin philosophische, literarische und evolutionäre Fragen zu thematisieren, die „Endymion“ wie zuvor schon die „Hyperion“-Gesänge prägten. In einem furiosen Epilog werden endlich die wichtigsten der vielen losen Fäden zusammengefügt und etliche Fragen des Ich-Erzählers wie des Lesers beantwortet, auch die Frage nach Aeneas Mann und Kind, die sie während der knapp zweijährigen Zeit gehabt haben soll, über die allseits Unkenntnis herrscht. Vor allem wirft die komplexe Geschichte einen Blick auf die wirklich wichtigen Fragen, nach welchen moralischen und ethischen Grundsätzen die Menschheit in Zukunft leben will. 

 

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