James Patterson – (Alex Cross: 26) „Pain“

Sonntag, 5. März 2023

(Blanvalet, 414 S., Tb.) 
Seit James Patterson 1993 mit „Morgen Kinder wird’s was geben“ den ersten, mit Morgan Freeman in der Hauptrolle als „Im Netz der Spinne“ auch erfolgreich verfilmten Roman um den smarten Detective Alex Cross veröffentlicht hat, legt der Bestseller-Autor nahezu im Jahrestakt einen neuen Thriller in der Reihe vor, die nicht nur zu den langlebigsten, sondern auch erfolgreichsten Thriller-Roman-Serien weltweit zählt. Allerdings erreicht Patterson nach den furiosen ersten Bänden mittlerweile kaum noch deren Intensität und Spannung. Auch der mittlerweile 26. Band, „Pain“, bietet konventionelle Spannung ohne besondere Raffinesse. 
An einem regnerischen Märznachmittag werden Alex Cross, ehemaliger Detective bei der Metropolitan Police von Washington, D.C., und FBI-Verhaltensforscher, und sein früherer Partner und bester Freund John Sampson im Hochsicherheitsgefängnis Greensville, Virginia, der Hinrichtung von Mikey Edgerton beiwohnen, nachdem er als schuldig des Mordes an acht Frauen verurteilt worden war. 
Edgerton selbst beteuert bis zum Ende seine Unschuld und verkündet, von Cross und Sampson hereingelegt worden zu sein, und seine Familie schwört Rache an den beiden mutmaßlich Verantwortlichen. Als sie sich nach Edgertons Exekution auf dem elektrischen Stuhl wieder auf den Weg zurück nach Washington machen, ereilt sie die Nachricht über den Fund einer nackten Frauenleiche. Im Schoß der Toten findet die Polizei eine an Cross gerichtete, von einem mysteriösen „M“ unterzeichnete Nachricht, die darauf hinweist, dass Edgerton womöglich zu Unrecht verurteilt wurde. 
Doch nicht nur Cross wurde von M an der Nase herumgeführt, sondern auch der FBI-Verhaltensforscher Martin Forbes, der angeklagt worden ist, die Verdächtigen eines Sexsklaven-Rings ermordet zu haben. Auf der Jagd nach dem ominösen M meint Cross seinem alten Widersacher Kyle Craig zu begegnen, der eigentlich tot sein sollte. Die raffinierten Methoden, mit denen M sowohl Cross und Sampson als auch dem FBI immer drei Schritte voraus zu sein scheint, erinnern aber tatsächlich an den brillanten Verbrecher. Als auch noch Cross‘ Sohn Ali von M entführt wird, muss sich der fürsorgliche Familienvater und ehrgeizige Ermittler aber mit der Möglichkeit auseinandersetzen, zu spät zu kommen… 
„Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass M mich in die Enge getrieben hatte, ganz egal, wie dieses Sie wissen, was ich meine, nicht wahr? gemeint gewesen war. Damit war er in meinen Kopf eingedrungen, hatte mich in einen Zustand der Verwirrung und der wachsenden Nervosität versetzt.“ (S. 267) 
Es gehört längst zur erfolgreichen Masche, ist zum unverkennbaren Kennzeichen dieser Thriller-Reihe geworden, dass es der erfolgreiche Verhaltensforscher und Psychotherapeut Alex Cross immer mit den gewieftesten, intelligentesten und grausamsten Verbrecher-Genies zu tun bekommt, die die Menschheit hervorzubringen vermag. In „Pain“ handelt es sich um den geheimnisvollen „M“, der Cross scheinbar seit Jahren schon verfolgt, ihn mit Nachrichten verspottet und die Polizei und das FBI auf falsche Fährten und zu Verdächtigen führt, denen M geschickt Indizien unterjubelt, so dass diese unschuldig verurteilt werden. Man könnte vermuten, dass auch Patterson ähnlich wie John Grisham oder Stephen King ein Plädoyer gegen die Todesstrafe halten oder zumindest das Justizsystem hinterfragen würde, doch weit gefehlt. Die Alex-Cross-Reihe hält wacker die Fahne für die Strafverfolgungsbehörden hoch, proklamiert fleißig, dass jeder geniale Verbrecher überführt werden kann. Es braucht eben nur einen brillanten Ermittler wie Alex Cross, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. 
Als Cross zum Ende hin endlich die Möglichkeit erhält, mit seinem Widersacher zu sprechen und ihn mit psychologischem Geschick den Aufenthaltsort von Ali zu entlocken versucht, hätte die Chance bestanden, der Frage nach der Natur des Bösen auf den Grund zu gehen, doch Cross und sein Schöpfer verpassen diese Gelegenheit zugunsten fadenscheiniger Psychologisierungen. 
So bietet „Pain“ letztlich nur die übliche temporeiche Schnitzeljagd, die durch einige private Herausforderungen in der Cross-Familie wie Jannies durch eine langwierige Erkrankung stockende Karriere als Läuferin bzw. Siebenkämpferin etwas aufgelockert wird.  

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