Vor zwanzig Jahren soll Melvin Mars seine Eltern ermordet und ihr Haus abgefackelt haben, weshalb er jetzt im Staatsgefängnis von Texas in Huntsville auf seine Hinrichtung wartet. Doch im letzten Moment behauptet ein ebenfalls zum Tode verurteilter Häftling aus Alabama, Charles Montgomery, für die Morde verantwortlich gewesen zu sein. Tatsächlich weiß Montgomery Dinge über die Morde, die nur dem Täter bekannt sein können.
Hier kommt Amos Decker ins Spiel, ein ehemaliger College-Footballspieler mit einem kurzen Auftritt in der NFL, der nach einem fatalen Unfall auf dem Spielfeld nicht nur seine Profi-Karriere abschreiben konnte, sondern auch mit der seltenen Gabe der Synästhesie einerseits (die Kopplung zweier oder mehrerer physisch getrennter Bereiche der Wahrnehmung) und einem nahezu perfekten Gedächtnis. Unter der Leitung von FBI-Special-Agent Ross Bogart arbeitet Decker in einem Team von Agenten und Zivilisten mit besonderen Fähigkeiten, um kalte Fälle hoffentlich noch zum Abschluss zu bringen.
Als Decker im Radio von Melvin Mars‘ aufgeschobener Hinrichtung hört, ist er gleich Feuer und Flamme für den Fall, schließlich war Mars damals nicht nur ein aufstrebender Stern am Football-Himmel und Finalist der Heisman Trophy, sondern hatte auch Deckers Team nahezu im Alleingang niedergerungen. Zusammen mit der Journalistin Alexandra Jamison und der klinischen Psychologin Lisa Davenport versuchen Bogart und Decker herauszufinden, ob Montgomerys Geständnis wasserdicht ist.
Recht schnell wird bei den Ermittlungen klar, dass Montgomery nur ein weiteres Opfer in einem raffinierten Spiel darstellt, das mit einem Attentat auf eine schwarze Kirchengemeinde in den 1960er Jahren begonnen hatte und bei dem heute mächtige Männer involviert waren. Melvin Mars muss feststellen, dass seine Eltern nicht das gewesen sind, wozu er sie all die Jahre gehalten hat, und offensichtlich ist sein quicklebendiger Vater nach wie vor im Besitz von Material, das den Männern zum Verhängnis werden könnte. Decker läuft bei der Spurensuche zu Höchstform auf, stößt dabei aber immer wieder an Grenzen.
„Sein Gedächtnis war perfekt, aber das bedeutete nicht, dass ihm die Antworten sofort ins Auge sprangen. Wenn ihm jemand eine Lüge erzählte, speicherte er sie zwar, doch als Lüge konnte er sie nur entlarven, wenn er genügend Fakten zur Verfügung hatte, an denen er sie messen konnte.Mit Amos Decker hat Bestseller-Autor David Baldacci nach den Reihen um u.a. den Camel Club, Will Robie und John Puller eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die durch die Kombination ungewöhnlicher Fähigkeiten den perfekten Ermittler abgibt. In seinem zweiten Fall nach „Memory Man“ hat es Decker mit zwei Hinrichtungskandidaten zu tun, die offensichtlich beide nicht für den Mord an Mars‘ Eltern verantwortlich waren. Allerdings hat der wirkliche Täter so geschickt seine Spuren verwischt, dass Decker und sein Team alle Hände voll zu tun haben, um alle Personen zu befragen, die etwas zur Aufklärung des Falles beitragen können, und schließlich auch ihr eigenes Leben zu beschützen.
In diesem Fall war das Problem jedoch nicht so sehr, dass bestimmte Details im Widerspruch zueinander standen, sondern vielmehr die Tatsache, dass er einfach nicht genug wusste.“ (S. 300f.)
Das Tempo ist dabei so rasant, Deckers Gedankensprünge und Erkenntnisse so faszinierend, dass die Spannung über die gesamte Buchlänge hochgehalten wird. Zwar wirken manche Motivationen und Details nicht ganz überzeugend, aber bei der rasanten Art, den Plot voranzutreiben, darf man Baldacci diese Unzulänglichkeiten gern verzeihen. Dem schnellen Erzähltempo sind leider auch die dürftigen Charakterisierungen geschuldet, unter denen vor allem Deckers Team-Kollegen leiden. Einzig Melvin Mars und Decker selbst werden so ausreichend gezeichnet, dass sie dem Leser schnell ans Herz wachsen.
Leseprobe David Baldacci - "Last Mile"
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