Mitte der fünfziger Jahre wächst der zehnjährige Tom Pasmore auf der karibischen Insel Mill Walk auf. Nachdem er sich, ohne eine Erinnerung daran zu haben, wie er dort hingekommen ist, eines Nachmittags in einem ihm völlig unbekannten Viertel wiederfindet, wird er von einem Auto angefahren und wacht im Krankenhaus wieder auf, wo ihm nicht nur seine besorgten Eltern, sondern auch sein Großvater Glendenning Upshaw und seine Schulfreundin Sarah Spence Besuche abstatten. Das nachfolgende Jahr verbringt Tom zuhause im Bett, im Rollstuhl und schließlich auf Krücken und liest alles an Büchern, was ihm sein Vater und sein Nachbar Lamont von Heilitz vorbeibringen.
Sieben Jahre später beginnt Tom ein Interesse für die wenigen Morde in Mill Walk zu entwickeln, über die im Eyewitness berichtet wurde, und freundet sich mit Lamont an, der sich seinen Spitznamen Shadow als prominenter Hobby-Detektiv verdient hat. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dem Fall der im Juni am Eagle Lake ermordeten Millionärin Jeanine Thielman. Zwar legte ein Mann namens Anton Goetz damals ein Geständnis ab, aber der Shadow verfolgte damals die Laufbahnen aller, die irgendwie mit dem Mord an Jeanine Thielman zu tun hatten.
Tom erhält die Möglichkeit, vor seinem im Herbst beginnenden Studium, das ihm sein Großvater nahegelegt hat, den Sommer mit Sarah Spence und der einflussreichen Redwing-Familie in Eagle Lake zu verbringen. Für Lamont soll er dort nach Hinweisen suchen, die zur Lösung des unzureichend aufgeklärten Verbrechens beitragen. Tatsächlich erweist sich Tom als so geschickt, dass ihn seine Nachforschungen selbst in Lebensgefahr bringen …
„Tom spielte die Ereignisse und Umstände von Jeanine Thielmans Ermordung tagelang durch. Er schrieb in der dritten und in der ersten Person darüber, stellte sich vor, er wäre Arthur Thielman, Jeanine Thielman, Anton Goetz und sein eigener Großvater; er versuchte sogar, das Ereignis durch die Augen des verschüchterten Kindes zu sehen, das sein Mutter war. Er spielte mit Daten und Zeitpunkten; er beschloss, alles über Bord zu werfen, was man ihm über die Motive der Beteiligten gesagt hatte, und mit neuen zu experimentieren.“ (S. 354)Nachdem sich Peter Straub mit seinen Mystery-Thrillern „Ghost Story“ (1979) und „Schattenland“ (1980) einen Namen machen konnte und schließlich durch die Zusammenarbeit mit Stephen King an „Der Talisman“ (1984) weltberühmt wurde, hat er sein Magnum Opus mit der Reihe um die „Blaue Rose“ veröffentlicht, deren zweiter Teil „Koko“ 1989 mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde, während der abschließende Part „Der Schlund“ 1993 den Bram Stoker Award gewann. Dazwischen erschien 1990 mit „Mystery“ ein Roman, der eher an die klassischen Detektivromane von Raymond Chandler und Dashiell Hammett angelehnt ist und nichts mit dem Horror zu tun hat, der Straubs schriftstellerische Meisterschaft begründete.
Der Autor verwendet viel Mühe darauf, die Atmosphäre und die gesellschaftlichen Verhältnisse auf Mill Walk zu beschreiben, wobei Toms Familiengeschichte, aber auch die phänomenalen Erfolge des „Amateurs des Verbrechens“ einen besonderen Schwerpunkt bilden. Ganz allmählich wird dabei das Geflecht aus Lügen, Korruption und Gewaltverbrechen ausgebreitet, das sich bis in das elitäre Erholungsgebiet von Eagle Lake erstreckt und in das Tom bei seinem Aufenthalt dort immer tiefer eindringt.
Neben dem faszinierenden, aber auch sehr komplexen Kriminalfall darf der Leser aber auch Toms Liebschaft mit Sarah verfolgen, die eigentlich einem Redwing-Sprössling „versprochen“ ist. Es ist nicht immer leicht, Straubs ausschweifenden und vielschichtigen Ausführungen zu folgen. Gerade der Beginn macht es dem Leser schwer, überhaupt einen Draht zu Tom Pasmore zu finden, der sich im Laufe des epischen Romans selbst zu einem veritablen Hobby-Detektiv mausert. Darüber hinaus überzeugt der Roman durch die feinen Charakterisierungen der oft schillernden Figuren, den dramaturgisch geschickten Spannungsaufbau und die stimmungsvolle Atmosphäre, die den Leser in das außergewöhnliche Leben auf der erfundenen Karibikinsel eintauchen lässt.
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