Stephen King – (Der dunkle Turm: 3) „tot.“

Samstag, 2. Februar 2019

(Heyne, 454 S., Pb.)
Roland von Gilead, der ehemalige Junkie Eddie Dean und die aus den beiden schizophrenen Persönlichkeiten Odetta Susannah Holmes und Detta Susannah Walker hervorgegangene Susannah Dean ziehen vom Westlichen Meer ins Landesinnere von Mittwelt, wo Roland in einem großen, alten Wald seinen beiden Gefährten nicht nur das Schießen, sondern auch den Kodex der Revolvermänner beibringt. Zum Glück lernen Eddie und Susannah schnell, denn sie werden von einem kolossalen Bärroboter angegriffen, eines der Tiere, die das Alte Volk dafür abgestellt hat, die zwölf Portale der sechs Balken zu beschützen, die in der Mitte zusammenlaufen und dort den Dunklen Turm stützen.
Nachdem Susannah die Antenne auf dem Kopf des Bären getroffen hat, können die drei Gefährten des Ka-tet dem Pfad des Balkens in die Richtung des Dunklen Turms fortsetzen, allerdings scheint Roland langsam den Verstand zu verlieren. Indem er nämlich den Killer Jack Mort davon abgehalten hat, den jungen Jake Chambers in New York vor ein Auto zu stoßen, wodurch Jake schließlich in dem Gasthaus in Rolands Welt gelandet ist, blieb Jake am Leben und in seiner eigenen Welt, aber Roland erinnert sich nach wie vor an Jakes Grenzübergang in Rolands Mittwelt.
Ähnlich ergeht es auch dem Jungen. Er hat keine Erinnerung daran, wie er seinen Abschlussaufsatz geschrieben hat, und als er ihn zurückbekommt und entdeckt, was für einen Nonsens er unter dem Titel „Mein Verständnis von Wahrheit“ abgeliefert hat, versteht er noch weniger, dass eine besondere Auszeichnung dafür erhält. Drei Wochen später ist Jake irgendwie bewusst, dass er gar nicht leben dürfte, und macht sich auf den Weg durch die Straßen von New York, bis er auf einem Baugelände eine einzelne Rose entdeckt, die er zu beschützen gedenkt, denn in ihr sieht er ein Symbol des Guten. Als er das heruntergekommene Haus auf dem Gelände betritt, begegnet Jake einem fürchterlichen Dämon, der ihn fast tötet, aber durch einen von Eddie geschnitzten Schlüssel gelingt es Roland, Jake im letzten Moment zu retten in seine Welt hinüberzuziehen. Zusammen mit dem Billy Bumbler Oy, einem rudimentär sprechenden Hundewesen, folgt das Ka-tet weiter dem Pfad des Balkens zum Dunklen Turm und muss sich mit der tückischen, rätselbegeisterten Einschienenbahn Blaine der Mono arrangieren, um einer Bande zu entkommen, die dem Ka-tet in einer von Krieg verwüsteten Großstadt mächtig zusetzen …
„Es war nur ein weiterer Showdown auf einer verlassenen Straße. Das war alles, und das war genug. Es war Khef, Ka und Ka-tet. Dass es immer zu dieser Konfrontation kam, zum Showdown, war ein Eckpfeiler seines Lebens und die Achse, um die Ka sich drehte. Dass der Kampf diesmal mit Worten ausgefochten werden würde und nicht mit Kugeln, spielte keine Rolle, es würde dennoch ein Kampf um Leben und Tod werden.“ (S. 445) 
Mit seinem dritten von insgesamt acht Bänden umfassenden Epos von Rolands Reise zum Dunklen Turm fügt Stephen King eine weitere turbulente Etappe hinzu, die in „Schwarz“ mit Rolands Jagd nach dem Mann in Schwarz begann und in „Drei“ mit Rolands Rekrutierung seiner drei Begleiter fortgesetzt wurde. In „tot.“ haben sowohl Roland als auch Jake vor allem mit dem Paradoxon zu kämpfen, wie Jake in seiner eigenen Welt und in Mittwelt sein kann, nachdem Roland Jakes Mörder vor dem einschneidenden Ereignis töten konnte. Aber vor allem lernt das Ka-tet das Landesinnere von Mittwelt kennen, die liebenswerten Einwohner von River Crossing ebenso wie die batteriegesteuerten Tierwächter der Portale und die Kriminellen in der Stadt, die wie ein postapokalyptisches New York aussieht, und natürlich der Einschienenbahn Blaine der Mono, der Jake bereits in einem Kinderbuch begegnet ist.
Der Roman entwickelt dabei eine mythische Wucht wie Tolkiens „Der Herr der Ringe“ und zuvor die großen mythischen Reisen unbedarfter, aber mutiger Helden zu ihrer Bestimmung. Dabei entwickelt King ein immenses Maß an Ideenreichtum, das weit über die Grenzüberschreitungen der beiden Welten und einiger interessanter Fabelwesen und Monster hinausgeht, aber er fordert von seinen Lesern auch einiges ab, was die komplexen Zusammenhänge, Zeitsprünge und Erinnerungen an merkwürdige Ereignisse angeht.
Im Vergleich zu „Drei“ fällt „tot.“ wegen seiner allzu verschachtelten Konstruktion etwas ab, aber die einfühlsame Entwicklung der sympathischen Figuren, die andauernden Unwägbarkeiten einer phantastischen Reise und der Cliffhanger sorgen am Ende dafür, die Spannung und das Interesse des Lesers aufrechtzuerhalten.
Leseprobe Stephen King - "tot."

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