Stephen King – (Der Dunkle Turm: 2) „Drei“

Freitag, 25. Januar 2019

(Heyne, 464 S., Pb.)
Nachdem Roland von Gilead, der letzte Revolvermann seiner Art, mit dem Mann im Schwarz ein stundenlanges Palaver abgehalten hat, bei dem Roland mit Tarotkarten („Der Gefangene“, „Herrin der Schatten“ und „Tod“) die Zukunft vorausgesagt worden ist, stirbt der Mann in Schwarz und Roland sieht am Ufer des westlichen Meeres dem Sonnenuntergang entgegen. Mit der einbrechenden Dunkelheit krabbeln aber auch Monster-Hummer aus dem Meer, Roland verliert bei der überraschenden Attacke zwei Finger seiner rechten Hand und einen Zeh. Trotz der einsetzenden, von Fieber und Schüttelfrost begleiteten Blutvergiftung setzt Roland seine Suche nach dem Dunklen Turm fort und findet bald die erste der Türen, die ihm der Mann in Schwarz prophezeit hatte.
Als er sie durchschreitet, schlüpft er in den Körper des Junkies Eddie Dean, der gerade für seinen Boss Balazar eine Ladung Kokain nach New York bringen soll. Eine aufmerksame Stewardess kommt Eddies Verhalten und vor allem der Wechsel seiner Augenfarbe von Braun zu Blau seltsam vor und sorgt dafür, dass Eddie nach der Landung der Maschine vom Zoll in Empfang genommen wird. Doch zwischenzeitlich hat Roland es geschafft, das Kokain in seine Welt zu bringen, so dass Eddie nach zweistündigem Verhör endlich zur eigentlichen Übergabe bei Balazar fahren kann.
Doch hier kommt es zu einem weiteren Zwischenfall, bei dem nicht nur Eddies Bruder Henry umkommt, sondern auch die ganze Drogenhändlerbande. Eddie folgt Roland durch die Tür nach Mittwelt und macht sich am Strand entlang auf den Weg zur nächsten Tür mit der Aufschrift „Die Herrin der Schatten“.
Nachdem er zuvor Eddie im New York der 1980er Jahre aufgegriffen hat, landet Roland nun in den 1960er Jahren im Körper einer schwarzen Rollstuhlfahrerin, deren Persönlichkeit sich durch ein traumatisches Erlebnis in ihrer Vergangenheit gespaltet hat, in die wohlerzogene und wohlhabende Odetta Holmes und in die vulgäre, teuflisch raffinierte Detta Walker, was für Eddie und Roland für ihre zukünftige Reise zum Dunklen Turm eine besondere Herausforderung bedeutet, denn sobald Detta in dem beinlosen Körper der Schwarzen das Sagen hat, drohen sowohl dem schwerkranken Roland als auch dem erschöpften Eddie ungemütliche Zwischenfälle. Gemeinsam gelingt es ihnen schließlich, auch die dritte Tür zu erreichen.
Mit Hilfe des Wirtschaftsprüfers Jack Mort, der zum Spaß Leute umbringt und so auch einst den Jungen Jake vor ein Auto gestoßen hatte, den Roland auf der ersten Etappe seiner Reise im Gasthaus kennengelernt hatte und später opfern musste, kommt Roland endlich an die nötige Menge Penicillin, um seine Entzündung zu heilen. Nach der Rückkehr in seine Welt erwartet Roland, Eddie, Jack und Odetta/Detta eine weitere Überraschung …
„Es war der Turm. Der Dunkle Turm.
Er stand am fernen Ende einer Ebene, die im brutalen Licht einer sterbenden Sonne die Farbe von Blut hatte. Er konnte die Treppe nicht sehen, die spiralförmig nach oben führte, immer weiter hinauf innerhalb der Hülle aus Stein, aber er konnte die Fenster sehen, die sich an dieser Treppe entlang erstreckten, und er sah die Geister aller Menschen, die er je gekannt hatte, an ihnen vorübergehen. Immer weiter gingen sie hinaus, und ein heftiger Wind trug den Klang von Stimmen zu ihm, die seinen Namen riefen.“ (S. 456) 
Nachdem „Schwarz“, der erste von insgesamt acht Bänden (wenn man den Spin-off-Roman „Wind“ dazuzählt) von Stephen Kings epischer Saga um den Dunklen Turm, noch eine Zusammenfassung jener Geschichten darstellte, die King zwischen 1978 und 1981 im The Magazin of Fantasy & Science Fiction veröffentlicht hatte und die Jagd von Roland nach dem Mann in Schwarz thematisierte, wirkt „Drei“ weitaus stimmiger in Dramaturgie und Erzählton.
„Schwarz“ war noch deutlich von Robert Brownings Gedicht „Childe Roland to the Dark Tower Came“ ebenso inspiriert wie von Spaghetti-Western, Fantasy- und Horror-Elementen, mit „Drei“ begibt sich Stephen King nun ganz in das Reich der Fantasy und der archetypischen Suche des Narren nach dem Gral, der hier die Form des Dunklen Turms annimmt.
Unterhaltsam schildert der Autor, wie Roland der Prophezeiung folgend seine Gefährten auf der Reise einsammelt, wobei der persönliche Hintergrund der ganz unterschiedlichen Charaktere und ihr Eintritt in Rolands Welt so glaubwürdig aufgearbeitet wird, dass „Drei“ eine ganz eigene Atmosphäre entwickelt. Was den Plot dabei so spannend macht, ist das untrügliche Wissen aller Beteiligten, dass Roland jeden von ihnen opfern wird, um den Dunklen Turm zu erreichen, trotzdem begleiten sie ihn. Auch der Leser ist gespannt, wie die Reise in dem nächsten Band „tot“ fortgesetzt wird.
Leseprobe Stephen King - "Drei"

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