Als Mitbegründer von Monty Python‘s Flying Circus und Regisseur von Meisterwerken wie „Brazil“, „König der Fischer“, „12 Monkeys“ und „Fear and Loathing in Las Vegas“ ist Terry Gilliam eine echte Ausnahmeerscheinung jenseits der glamourösen Hollywood-Filmwelt. Nun legt er mit „Gilliamesque“ eine Autobiografie vor, die so kunterbunt und unterhaltsam ausgefallen ist wie sein außergewöhnliches Leben und Wirken als Künstler.
Zwar betont Gilliam im Vorwort, dass er nie Tagebuch geführt habe und seine Erinnerungen deshalb sehr selektiv seien, aber die Lebensgeschichte, die er in diesem Buch entfaltet, steckt voller Details, Begegnungen mit illustren Personen und vor allem gesellschaftspolitischen und künstlerischen Referenzen, die deutlich machen, warum Terry Gilliam der Künstler geworden ist, der seit jeher abseits der Konventionen erfolgreich agiert hat.
Schon in der Kindheit, die er auf dem Land am Medicine Lake bei Minneapolis verbrachte, entwickelte Gilliam einen gesunden Respekt vor der Brutalität der Natur und fühlte sich von den Furcht einflößenden Wäldern und dem Sumpf inspiriert. Dazu gesellten sich Alexander Kordas und Michael Powells Film „Der Dieb von Bagdad“, die Geschichten der Bibel, Schneewittchen, Robin Hood und Cowboys und Indianer. Gilliam lernte mit Preston Blairs Leitfaden „Animation – Learn How to Draw Animated Cartoons“ das Zeichnen und bezeichnet die „Mad“-Comics als wichtigsten kulturellen Einfluss seiner Teenagerjahre.
Mit ein paar Freunden begann Gilliam, mit „Fang“ in die Fußstapfen von „Mad“ und „Help!“ zu treten, kam schließlich selbst bei „Help!“ unter und machte die Bekanntschaft von Robert Crumb und Richard Lester, der die Beatles-Filme „A Hard Day’s Night“ und „Help!“ inszeniert hat. Besonders interessant lesen sich Gilliams Erinnerungen an seine Bekanntschaft mit Terry Jones, Michael Palin und Eric Idle, als diese an einer subversiven Kindersendung namens „Do Not Adjust Your Set“ arbeiteten. Als Cartoonist begann Gilliam für Monty Python’s Flying Circus die Tricksequenzen zu kreieren. Ihr erster Kinofilm „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“ stellte zwar nur ein Remake von Sketchen aus den ersten beiden Staffeln dar und floppte in den USA, ebnete der Truppe aber in England den Weg für den nächsten Film „Die Ritter der Kokosnuss“, der für einige Differenzen in der Truppe sorgte, weil sich nun die beiden Terrys den Regiejob teilten und damit Ian MacNaughton ablösten.
„Wir waren die Typen aus der letzten Reihe, die sich über alles lustig machten, genau wie die Mönche im Mittelalter. Letztlich stellte sich heraus, dass es wesentlich einfacher war, eine Armee aus Fabelwesen zu erschaffen, als meinen Kollegen Anweisungen zu geben, die sie dann auch befolgten.“ (S. 158)Gilliam nimmt in der Folge seine interessierten Leser mit auf eine Zeitreise durch sein weiteres filmisches Schaffen, erzählt von den Schwierigkeiten bei der Entstehung von Großprojekten wie „Brazil“ und „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“, von der Arbeit mit Schauspielern mit Heath Ledger, Johnny Depp, Brad Pitt und Bruce Willis, aber auch von seinem Scheitern mit Produktionen wie „Der Mann, der Don Quijote tötete“. Dabei präsentiert Gilliam keinen Gesamtüberblick, sondern gewährt durch intime Anekdoten jeweils nur kurze Momentaufnahmen und Inneneinsichten, die stets deutlich machen, wie sehr sein Herz an jedem seiner Projekte hing
und dass er sein amerikanisches Heimatland so verabscheute, dass er sogar die Staatsbürgerschaft ablegen wollte.
Da Gilliam auch ein begnadeter Illustrator ist, bietet der prachtvoll gestaltete Hardcoverband im Großformat „Gilliamesque“ nicht nur viele Fotos von den Dreharbeiten zu den verschiedenen Filmen, sondern auch Dokumente seiner Kindheit und College-Zeit, vor allem aber die durch seine Arbeit bei Monty Python bekannten Collagen.
Leseprobe Terry Gilliam - "Gilliamesque"
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