Drei Jahre nach seiner Herztransplantation steht für den ehemaligen FBI-Ermittler und Experten für Serienmorde Terry McCaleb vor allem die Familie im Vordergrund. Immerhin ist McCaleb seit vier Monaten Vater einer Tochter, die er mit seiner Frau Graciela auf der Insel Catalina vor Los Angeles aufzieht. Doch dann taucht unvermittelt Sheriff’s Detective Jaye Winston bei ihm zuhause auf und bittet ihn, sich nur einmal die Unterlagen zum Mord an Edward Gunn anzusehen, einem trinkfreudigen Nichtsnutz, der immer wieder von dem Cop Harry Bosch im Gefängnis aufgesucht worden ist.
Interessanterweise führen einige Hinweise zu den düsteren Gemälden von Hieronymus Bosch und weiter zu seinem Namensvetter Harry Bosch, der gerade als Ermittler im Strafverfahren gegen den Hollywood-Regisseur David Storey aussagen soll.
Er ist angeklagt, eine junge Schauspielerin nach dem Sex erwürgt zu haben und es wie eine autoerotische Asphyxie aussehen zu lassen. Beide Fälle weisen unübersehbare Parallelen auf, so dass sich McCaleb mehr mit dem Fall zu beschäftigen beginnt, als er eigentlich sollte, selbst als er von Winston offiziell zurückgepfiffen wird. Was McCaleb aber besonders irritiert, ist der Umstand, dass die Indizien darauf hinweisen, dass ausgerechnet Harry Bosch für den Tod von Edward Gunn verantwortlich zu sein scheint.
„McCaleb wusste, viele Verbrecher machten Fehler, die zu ihrer Überführung führten, weil sie im Unterbewusstsein nicht ungestraft davonkommen wollten. Das Gesetz des ewigen Kreislaufs, dachte McCaleb. Vielleicht sorgte Bosch unbewusst dafür, dass sich das große Rad auch für ihn drehte.“ (S. 230)Als sich McCaleb und Bosch über diese seltsamen Zusammenhänge unterhalten, bemerkt Bosch zu seiner Verteidigung, dass McCaleb etwas übersehen haben muss, worauf sich dieser noch einmal an die Arbeit macht und tatsächlich auf eine interessante Spur stößt, die dem Verfahren gegen den arroganten Hollywood-Filmemacher eine ganz neue Richtung verleiht …
Der amerikanische Bestseller-Autor Michael Connelly hat mit seiner Reihe um den eigenwilligen Ermittler Harry Bosch nicht nur Krimi-Geschichte geschrieben, sondern auch die Vorlage für die Amazon-Net-TV-Serie „Bosch“ geliefert. In „Dunkler als die Nacht“ führt er seinen beliebten Protagonisten erstmals mit einer Hauptfigur aus einem seiner anderen Romane zusammen, Terry McCaleb aus „Das zweite Herz“. Der Leser erlebt hier zwei außergewöhnliche Ermittler, die zunächst auf unterschiedlichen Seiten stehen, dann aber gemeinsam der Wahrheit auf die Spur kommen und dabei lebensgefährliche Situationen überstehen müssen.
Connelly führt sein Publikum in die düsteren Bilderwelten des niederländischen Malers Hieronymus Bosch ein, wobei sein berühmtes Triptychon „Der Garten der Lüste“ im Zentrum des Mordes an Edward Gunn steht. Darüber hinaus gewährt der Autor Einblicke vor allem in das Privatleben von McCaleb, das sich seit seiner Herzoperation grundlegend verändert hat, ohne dass der Ermittler seine Leidenschaft für die Aufklärung ungewöhnlicher Verbrechen eingebüßt hätte.
Bosch agiert dagegen eher im Hintergrund, doch bezieht der Thriller seine Spannung vor allem aus dem Zusammenspiel der beiden Ermittler. Dabei gelingt es Connelly, sowohl einen klassischen Strafprozess als auch sorgfältige Ermittlungsarbeit dramaturgisch geschickt miteinander zu verbinden und den Leser von der ersten bis zur letzten Seite glänzend zu unterhalten.
Leseprobe Michael Connelly - "Dunkler als die Nacht"
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