Joe R. Lansdale – (Hap & Leonard: 8) „Rote Rache“

Sonntag, 7. Juli 2019

(Golkonda, 284 S., Tb.)
Obwohl Hap und Leonard nach der Auseinandersetzung mit Clete Jimsons Gorillas von der Dixie-Mafia ein hübsches Sümmchen kassiert haben, das ihnen die hübsche Auftragskillerin Vanilla Ride vermacht hatte, und sich eine kleine Auszeit gönnen könnten, sind die beiden Hobby-Detektive nun offiziell für ihren alten Kumpel Marvin Hanson tätig, der nach seinem Ausscheiden aus dem Polizeidienst eine Privatdetektei unterhält. Ihr nächster Auftrag führt sie zur wohlhabenden, aber bescheiden lebenden Witwe Mrs. Christopher, die davon überzeugt ist, dass hinter dem Mord an ihrem Sohn mehr steckt, als die von der Polizei abgehakte Theorie von Raub mit Todesfolge. Unterstützt wird sie dabei von dem Journalisten Cason Statler aus Camp Rapture, einem nahen Freund der Familie. Den Polizeiberichten nach wurden Ted Christopher und seine Freundin Mini Marchland vor zwei Jahren an einer Joggingstrecke ermordet aufgefunden.
Von Teds Schwester June erfahren Hap und Leonard, dass Mini ein Flittchen gewesen sein soll, dass sich für einen Vampir gehalten habe. Dass bei den Leichen eine rote Teufelsfratze gefunden wurde, die an dem Baum über ihnen gemalt worden war, behielt die Polizei von Camp Rapture unter Verschluss, aber die beiden nun im offiziellen Auftrag ermittelnden Detektive stoßen während ihrer Ermittlungen auf weitere dieser merkwürdigen Zeichnungen, die über fünf Jahre an ganz unterschiedlichen Orten auftauchten, ohne dass je eine Zusammenhang zwischen ihnen vermutet worden wäre. Je weiter Hap und Leonard in die mysteriöse Geschichte eintauchen, umso mehr schrecken sie offensichtlich den Killer auf, den sie Roter Teufel nennen und der so brutal bei seinen Taten vorgeht, dass Hap bei dem Anblick eines der Opfer einen Nervenzusammenbruch erleidet.
„Der Tag verflog scheinbar in einem Augenblick. Wieder sah ich zu, wie die Schatten über die Wand wanderten. Diesmal waren es keine Vampire. Es waren kleine Stückchen Zeit, die meinem Leben gestohlen worden waren. Das Zimmer war dunkel und schwer, als wäre es in schwarzen Samt gehüllt.“ (S. 111f.) 
Doch nicht nur Hap erleidet traumatische Blessuren während der Suche nach dem Roten Teufel, auch sein „Bruder“ Leonard kommt übel unter die Räder. Zum Glück bekommen sie unerwartet von Vanilla Ride Unterstützung, denn sie hat selbst noch eine Rechnung mit dem Killer offen …
In ihrem achten Abenteuer (und dem letzten von insgesamt sechs, die der Golkonda-Verlag gerade als limitierte Taschenbuchausgaben veröffentlicht hat) müssen sich Hap Collins und Leonard Pine erst einmal daran gewöhnen, dass sie nicht wie sonst in einen Schlamassel stolpern, weil sie der Gerechtigkeit zu Sieg verhelfen wollen, sondern im offiziellen Auftrag unterwegs sind, der sich allerdings schnell als weit gefährlicher erweist als zunächst angenommen. Auch wenn „Rote Rache“ mit knapp über 280 Seiten nach dem ersten Roman „Wilder Winter“ der kürzeste in der Reihe darstellt, bekommt der Leser die volle Qualität von Joe R. Lansdales Genrekünsten präsentiert, nämlich herrlich flotte Sprüche und Frotzeleien, die die Beziehung zwischen Hap, seiner Freundin Brett und seinem Buddy Leonard charakterisieren, dazu einen vertrackten Fall und jede Menge böse Typen und krachende Action. Vor allem das Wiedersehen mit der taffen, attraktiven, aber auch ehrbaren Killerin Vanilla Ride stellt einen Höhepunkt des Romans dar. Zwar erzählt „Rote Rache“ wie alle Abenteuer von Hap und Leonard eine in sich abgeschlossene Geschichte, gerade in diesem Fall macht es aber Sinn, den vorangegangenen Band „Das Dixie-Desaster“ gelesen zu haben, weil vor allem Vanilla Ride und Marvin Hanson dort ausführlicher charakterisiert werden. Aber auch Cason Statler aus Camp Rapture ist ein alter Bekannter, den Lansdale-Fans aus dem Roman „Gluthitze“ (bzw. „Gauklersommer“ in der Golkonda-Ausgabe) bereits kennengelernt haben dürften.
„Rote Rache“ setzt die beliebte Hap-&-Leonard-Reihe, die mittlerweile auch als Amazon-TV-Serie zu verfolgen ist, konsequent mit derbem Humor und krachender Action, aber auch melancholischen und existentiellen Tönen fort, schlägt dabei gelegentlich etwas arg über die Stränge des Glaubwürdigen, macht aber neugierig auf die nächsten Abenteuer des charismatischen Duos aus East Texas.

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