Nicolas Weynbach hatte gerade sein Abitur in der Tasche, als er den ersten großen Schmerz in seinem Leben verdauen muss. Seine Freundin Katharina wollte nämlich lieber im entfernten Sydney studieren als an seiner Seite zu bleiben. Damals holte ihn sein Onkel Valentin mit seinem Porsche Targa ab und reiste mit ihm „ins Leben“. Nachdem Nicolas‘ Vater, der ein kleines Pharmaunternehmen leitete, Valentin eher abschätzig als „Märchenonkel“ tituliert hatte, der vergebens auf den großen Wurf wartete, hatte sein Onkel nach drei, vier mäßig verkauften Büchern dann doch Erfolg mit einer Reihe von Erzählungen, in denen der lebenskluge Christopher im Mittelpunkt stand.
So sehr Nicolas die sechs Wochen bis zum Beginn seines Studiums bei seinem Onkel genoss, verwirklichte er anschließend doch nicht seinen Traum, Schriftsteller wie Valentin zu werden, sondern trat in die Fußstapfen seines Vaters.
Mittlerweile hat Nicolas seinen Doktor gemacht und die Firma seines Vaters übernommen, mit Valerie einen Wissenschaftsjournalistin geheiratet und mit Julian einen aufgeweckten Sohn, der sich vor allem durch Papas „Quatschgeschichten“ verzaubern lässt.
Mit Michael und seinen Mitarbeitern arbeitet Nicolas am Methusalem-Projekt, das sich nicht weniger vorgenommen hat als den Alterungsprozess zu verlangsamen. Doch gerade in dem Moment, als die Testreihen nicht das gewünschte Ergebnis bringen, erhält Nicolas die Nachricht vom Tod seines Onkels, den er in den letzten Jahren viel zu selten gesehen hat. Mit seiner Familie reist Nicolas kurzerhand zur Villa seines verstorbenen Onkels, um die Beerdigung zu organisieren. So sehr er den Aufenthalt mit seiner Fmilie dort und die Erinnerungen an Valentin genießt, drückt ihn die Verantwortung seines Jobs. In seinen nächtlichen Träumen begegnet er in der geheimen Bibliothek der Villa einem Mann, der Nicolas darauf aufmerksam macht, worauf es wirklich im Leben ankommt.
„,Warum hat die Gesellschaft oder die Familie bestimmte Ideale? Sind das auch meine Ideale? Am Ende müssen ja nicht die andern dein Leben leben, sondern du. Und so musst auch du die volle Verantwortung und damit zugleich das volle Risiko für deine Träume und dein Leben übernehmen.‘“ (S. 159)
Bas Kast ist durch sein Buch „Der Ernährungskompass“ zum internationalen Bestseller-Autor avanciert, doch der Neurowissenschaftler sieht sich alles andere als Ernährungsberater, sondern vor allem als Autor. Schließlich hat er schon vor seinem internationalen Bestseller Bücher wie „Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt“, „Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft“ oder „Ich weiß nicht, was ich wollen soll. Warum wir uns so schwer entscheiden können und wo das Glück zu finden ist“ veröffentlicht. Auch sein neues Büchlein, das sich mit schmalen 240 Seiten mit großer Schrift präsentiert, kommt mit einem Untertitel daher: „Werde, der du bist“.
In seiner autobiografisch anmutenden Erzählung kämpft sein Ich-Erzähler als Neurowissenschaftler gegen des Prozess des Alterns, wird durch Termin- und Erfolgsdruck gehetzt. Dabei hat er nach seinem Abitur durch seinen Onkel bereits mitbekommen, dass es im Leben um mehr geht als seine Funktion in Familie und Gesellschaft zu erfüllen. Was folgt, ist eine absolut unspektakuläre Erzählung, die von vorn bis hinten leider allzu vorhersehbar ist und dem Leser keine wirklich neuen Erkenntnisse anbietet.
In einer Zeit, in der Lebenshilfe-Bibeln und Ratgeber zu ganzheitlicher Gesundheit ganze Regale in den Buchhandlungen schmücken, wirkt „Das Buch eines Sommers“ eher wie eine nostalgische Reise zu den Anfängen der Überzeugung, dass nur ein selbstbestimmtes Leben glücklich machen kann. Allerdings sind diese letztlich einfachen Weisheiten, die im Alltag doch so schwer umzusetzen sind, schon eindringlicher und inspirierender zu Papier gebracht worden als in „Das Buch eines Sommers“. Weder die kaum ausdifferenzierten Figuren noch die seinem Sohn vorgetragenen „Quatschgeschichten“, schon gar nicht die allzu bekannten „Lebensweisheiten“ oder der überraschungsarme Plot machen dieses Büchlein lesenswert. Da möchte man dem Autor doch lieber raten, bei seinem eigentlichen Betätigungsfeld zu bleiben, nämlich Wissenschaftsbücher zu schreiben, die seinem Publikum auch einen Erkenntnisgewinn bringen. Der bleibt bei „Das Buch eines Sommers“ weitgehend aus, zumal die Herausforderungen, die zum Ausleben der eigenen Bestimmung überwunden werden müssten, hier allzu läppisch erscheinen.
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