Der fünfunddreißigjährige Michele lebt mit seiner Frau Francesca in einer italienischen Kleinstadt und wartet im Krankenhaus auf die Geburt seiner Tochter. Die Wartezeit nutzt er dazu, niederzuschreiben, wie er zu dem Mensch geworden ist, der jetzt neben dem Kreißsaal auf das neue Leben wartet, das ihm seine Frau schenkt. Bevor er Francesca kennenlernte, arbeitete Michele als Journalist in der Redaktion einer Wochenzeitschrift. Zu der Zeit suchte er nach der Frau seines Lebens, weil er im Grunde genommen gar kein Leben hatte. Allein die seit der Mittelschule andauernde Freundschaft mit Federico hat dazu geführt, sich darüber klar zu werden, was jeder vom Leben erwartet. Bis dahin haben die beiden Freunde ihr Leben nach dem immer gleichen Muster gelebt, das aus Arbeit und Ausgehen, mittwochabendlichen Tippkick-Spielen, alkoholischer Selbstzerstörung am Wochenende und sonntäglicher Erholung von diesen Exzessen bestand.
Mit achtundzwanzig begann Fede dann das Gefühl zu entwickeln, sein Leben wegzuwerfen und nicht etwas Bedeutendes zu tun. Wenig später trennten sich Federicos und Micheles Wege. Während Federico ohne große Abschiedsgesten davonzog, lernte Michele in einer Bar die dort arbeitende Francesca kennen und führte mit ihr eine Beziehung, deren Feuer nach wenigen Monaten wieder erloschen war.
„Ich hätte nie meine Arbeit aufgegeben wie Federico. Undenkbar. Wegen dieser Angst führte ich ein Leben, das nicht mein eigenes war. Ich lebte nicht meine Bestimmung. Möglich, dass nur ganz wenige Menschen wirklich ihrer Bestimmung gemäß leben, aber ich gehöre mit Sicherheit nicht zu ihnen. Ich lebte ein Leben, das mir praktisch zugestoßen war. Ich hatte mich darin eingenäht wie in ein Kleid und war mit der Zeit zu der Überzeugung gelangt, es wäre meins. Obwohl mir ab und zu bewusst wurde, dass es an einigen Stellen ein bisschen zwickte. Aber man gewöhnte sich an alles. An eine Arbeit, die einem keinen Spaß macht, an eine Liebe, die erloschen ist, an die eigene Mittelmäßigkeit.“ (S. 36)Erst die Nachricht vom Tod seines besten Freundes hat Michele wachgerüttelt. Er besuchte Federicos Freundin Sophie auf den kapverdischen Inseln und verbrachte dort neun Monate, die aus ihm einen neuen Menschen machten, bereit für einen neuen Anlauf mit Francesca …
Mit „Einfach losfahren“ hat der in Mailand, Rom, Paris und New York lebende Schriftsteller und Schauspieler Fabio Volo einen wunderbaren Selbstfindungsroman geschrieben. Indem er von den Routinen des alltäglichen Lebens und Liebens nachsinnt, weil sein bester Freund den Status quo seines eigenen Lebens in Frage stellt, malt sich der Ich-Erzähler Möglichkeiten und Träume aus, die nach der Verwirklichung des ersten Traums zu Projekten werden.
Die Einstellungen zu Freunden, Familie und Geliebten verändern sich ebenso wer Prozess zur Erkenntnis, dass es nicht darum geht, glücklich zu sein, sondern sich mit etwas Geheimnisvollen verbunden zu fühlen, das einen niemals verlässt.
Fabio Volos „Einfach losfahren“ regt zum Nachdenken über die elementarsten Themen im Leben eines Menschen an und bleibt trotz der philosophischen Tiefe, die gelegentlich an Paulo Coelhos esoterisch durchwirkten Geschichten erinnert, immer bei seinen Figuren und führt diese zu einer ermutigenden Selbsterkenntnis, die sie neue Wege beschreiten lässt.
Leseprobe Fabio Volo - "Einfach losfahren"
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