Bevor mit „Savage Season“ 1990 der Debütroman um die beiden unvergleichlichen Privatermittler Hap Collins und Leonard Pine erschien (der unter dem Titel „Wilder Winter“ in Deutschland erstmals 2006 veröffentlicht wurde), hat der literarisch vielseitig begabte amerikanische Schriftsteller Joe R. Lansdale vor allem Horrorwerke wie „Akt der Liebe“, die Western-Horror-Anthologie „Straße der Toten“, „Nightrunners“ und die „Drive-In“-Trilogie veröffentlicht.
Im Laufe seiner ständig aufstrebenden Karriere ist Lansdale vor allem durch seine atmosphärisch dichten Südstaaten-Thriller „Kahlschlag“ und „Gauklersommer“ bekannt geworden, aber das sympathische Ermittler-Duo Hap & Leonard begleitet Lansdale und seine begeisterten Leser bis heute.
Neben mittlerweile zwölf Romanen sind über die Jahre immer wieder Kurzgeschichten erschienen, die nun in der Sammlung „Hap & Leonard: Die Storys“ zusammengefasst und um ein Vorwort von Bestseller-Autor Michael Koryta, ein kurzes Interview, das der Autor mit seinen beiden Protagonisten geführt hat, und ein Nachwort des Autors über seine besondere Beziehung zu seinen Helden ergänzt worden sind.
Die Geschichten sind nicht nur eine coole Einführung in das Leben, das der ehemals politisch engagierte „White Trash“-Kerl Hap und der schwarze schwule Vietnam-Veteran und Republikaner Leonard miteinander führen, sondern auch in die amüsante Weise, wie sie ihre Aufträge erledigen. In „Hyänen“ sollen Hap & Leonard dem Bruder ihres Auftraggebers aus der Patsche helfen. Der Einundzwanzigjährige hat sich offenbar mit Typen eingelassen, die einen Geldtransporter überfallen wollen. Nachdem Hap, Leonard ihr alter Freund Marvin damit begonnen haben, im Dreischichtsystem das Haus von Kelly und seinem auf die schiefe Bahn geratenen Bruder Donny zu überwachen, stößt Marvin nicht nur auf das Versteck der von Smokey geführten Bande, von dem aus wahrscheinlich der Überfall geplant werden soll, sondern auch auf den Umstand, dass vor einiger Zeit der Fahrer eines Fluchtwagens mit einer Kugel im Kopf im Wald aufgefunden wurde. Um Donny ein ähnliches Schicksal zu ersparen, legen sich Hap und Leonard mit Smokey und seinen Jungs an.
In der mit Andrew Vachss zusammen geschriebenen Geschichte „Veils Besuch“ wird Leonard mit einer Begebenheit aus Haps Vergangenheit vor zwanzig Jahren konfrontiert, als Hap Veils Bekanntschaft und die seiner Pistole gemacht hat und mit ihm zusammen den nicht ganz koscheren Umtrieben eines Fotografen auf die Spur kommen wollte. Die kurze Story „Mordsgutes Chili“ war als Werbegag zum Hap-&-Leonard-Roman „Schlechtes Chili“ gedacht und wird durch ein ganz persönliches Chili-Rezept von Joe R. Lansdale abgerundet. Und in „Todsicher“ werden Hap & Leonard von einer Frau beauftragt, ihrem von ihr getrenntlebenden Mann ins Gewissen zu reden und wenn nötig auch etwas aufzumischen, damit er sich nicht länger in ihre Angelegenheiten mischt. Doch je mehr sich die beiden Ermittler mit der Sache beschäftigen, umso mehr Ungereimtheiten tun sich auf. All die Geschichten fügen sich nahtlos in den Kosmos ein, den auch die Romane um Hap und Leonard ausmachen.
Wie Lansdale selbst in seiner Art Nachwort mit dem Titel „Wie ich Hap und Leonard hegte und pflegte, fütterte und großzog“ erwähnt, sind die Abenteuer, die die beiden an sich so verschiedenen, doch wie Brüder miteinander verbundene Männer erleben, eher nebensächlich, dafür sind es die Typen selbst, an denen die Leserschaft einen Narren gefressen hat.
„Da schrieb ich also diesen Roman, Leonard tauchte plötzlich auf, er und Hap waren die besten Freunde, obwohl sie durchaus verschiedene Ansichten hatten, so wie auch viele meiner Freunde anders sind als ich, doch im Kern stimmen Hap und Leonard überein. Sie sind anständige Menschen, sie sind nicht auf den Kopf gefallen, haben aber irgendwann im Leben den falschen Dampfer genommen und sind dann irgendwie am äußersten Rand des Amerikanischen Traums gestrandet.“ (S. 264)Lansdale verweist darauf, dass die Lebenssituation von Hap und Leonard seiner eigenen damals sehr ähnlich war, und ebenso wie sich das Leben des Autors veränderte, machen auch Hap und Leonard im Laufe all der Romane, in deren Zentrum sie stehen, eine Entwicklung durch. Bei all dem erfrischend anderen Humor und der unterhaltsamen Action, in die die beiden immer wieder verwickelt werden, sind die Geschichten von Hap und Leonard aber vor allem ein Zeugnis ihrer tiefen Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Wenn sie das Gefühl haben, einen sinnvollen Auftrag anzunehmen, der Gutes bewirkt, spielt die Bezahlung eigentlich keine Rolle. Dann lassen sie sich weder von ihrer Angst einschüchtern noch von ihrem Ziel abbringen. Dafür sind die sieben hier vereinten Geschichten ein wunderbares Beispiel, und davon profitieren nicht nur Einsteiger in das liebenswerte Universum von Hap & Leonard, sondern auch langjährige Fans.