Robert Bloch/Ray Bradbury – „Der Besucher aus dem Dunkel“

Samstag, 24. Oktober 2020

(Heyne, 126 S., Tb.) 
Robert Bloch hat sich in den 1950er Jahren als Autor von Krimis wie „Die Psycho-Falle“, „Werkzeug des Teufels“, „Shooting Star“ und natürlich durch die Verfilmung von Alfred Hitchcock berühmt gewordenen „Psycho“ einen Namen gemacht, aber auch immer wieder Beiträge zum Horror-Genre abgeliefert – wie „Der Ripper“ oder seine Geschichten, die auf H.P. Lovecrafts bekannten Cthulhu Mythos aufbauen. Ray Bradbury wiederum hat ebenfalls beginnend in den 1950er Jahren seinen Ruf als herausragender Autor auf dem Gebiet der Science Fiction, aber auch des Krimis und der Phantastik aufgebaut und 1951 mit „Fahrenheit 451“ einen modernen Klassiker geschaffen, der bis heute Pflichtlektüre in den Schulen geblieben ist. 
1972 hat der Heyne Verlag mit „Der Besucher aus dem Dunkel“ insgesamt zehn Storys der beiden Großmeister der Phantastik veröffentlicht, wobei die vier Geschichten aus den Jahren 1945 bis 1948 stammen, die Herkunft der sechs Beiträge von Robert Bloch ist nicht näher ausgewiesen, abgesehen von der eröffnenden Titelgeschichte, die Bloch 1950 im Zuge seiner Verehrung für H.P. Lovecraft veröffentlicht hat. Darin begibt sich Edmund Fiske von Chicago nach New York, wo seine fünfzehnjährigen Nachforschungen ihr Ende finden sollen. Sein enger Freund Robert Harrison Blake war im August 1935 verstorben, nachdem er einer losen Gruppe von Lovecraft-Verehrern angehört hatte, die gelegentlich im Hause Lovecrafts in Providence zusammengekommen waren. Blake hatte damals eine verfallene schwarze Ruine auf dem Federal Hill untersucht und ist dabei – wie zuvor schon ein Reporter des Providence Telegram - unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Blake fand in den halbverfaulten Kleidern des Reporters allerdings ein Notizbuch, in dem von Professor Bowen die Rede gewesen ist, der in der Grabkammer des „vergessenen Pharao“ Nefren-Ka auf ein ungewöhnliches Fundstück gestoßen war und nach seiner Rückkehr aus Ägypten in Providence 1844 eine frühere Baptistenkirche erwarb und eine religiöse Kultgemeinde gründete, die „den Besucher aus dem Dunkel“ verehrten. Fiskes Spurensuche findet bei dem mysteriösen Dr. Dexter ein unrühmliches Ende … 
Ray Bradbury erzählt in „Der Besucher“ die Geschichte des Naturforschers und Zoologen William Tinsley, der wie besessen Insekten mit Fliegenklatsche und Gift vernichtete, weil 99 Prozent des Lebens auf der Erde das Leben von Insekten sei. Doch seine Angst, dass die Milliarden von Insekten ihre Objekte überprüfen und die Menschheit kontrollieren würden, macht einer viel erschreckenderen Erkenntnis Platz. In Blochs „Der grinsende Ghul“ berichtet ein erfolgreicher Psychiater, wie er eines Tages von einem College-Professor konsultiert worden ist, der nachts von schrecklichen Alpträumen geplagt wird, in der eine große, alte Gruft im zentralen Teil des Friedhofs die zentrale Rolle spielt. In seinen nächtlichen Visionen betritt der Mann die Gruft, bewegt sich durch die labyrinthartigen Gänge und stößt auf sogenannte Leichenfresser, Ghuls. Der Psychiater nimmt seinem Patienten das Versprechen ab, gemeinsam mit ihm den unheilvollen Ort seiner Träume aufzusuchen. 
„Reihen kolossaler Stalaktiten hingen von der Decke, und von unten wuchsen ihnen Stalagmiten entgegen, deren Basen Durchmesser von eineinhalb Metern und mehr aufwiesen. Jenseits führten schwarze Öffnungen in andere Höhlen und Spalten. Eine beklemmende Faszination überkam mich, ein langsames kriechendes Entsetzen gemischt mit Neugier. Es schien mir, dass wir mit unserem Eindringen Geheimnisse entweihten, die besser verborgen geblieben wären.“ (S. 42) 
Mit ihren zehn Geschichten entführen Robert Bloch und Ray Bradbury ihre Leser in Abgründe des Grauens, lassen ihre Protagonisten mit einem Toten, dem niemand glaubt, dass er tot ist (Ray Bradburys „Der tote Mann“), Werwölfen (Robert Blochs „Der Werwolf“) und Hexen (Robert Blochs „Eine Frage der Etikette“) zusammentreffen und rufen allzu menschliche Ängste vor dem Unerklärlichen, dem Sterben und den Mächten der Finsternis wach. Diese Kunst beherrscht kaum jemand so glaubwürdig und packend wie diese beiden Ausnahme-Autoren.


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