Robert Bloch – „Boten des Grauens“

Samstag, 26. April 2025

(Heyne, 158 S., Tb.)
Robert Bloch (1917-1994) wird vor allem durch seine 1959 veröffentlichte Romanvorlage für Alfred Hitchcocks „Psycho“ in Erinnerung bleiben, doch hat der u.a. mit dem World Fantasy Award und dem Bram Stoker Award für sein Lebenswerk ausgezeichnete Schriftsteller im Verlauf seiner langjährigen Karriere ein umfassendes Werk an Romanen und Geschichten hinterlassen, die anfänglich von H.P. Lovecraft und dem „Cthulhu-Mythos“ inspiriert waren und dann in eine breite Palette von Krimi-, Horror- und Science-Fiction-Stories übergingen. 1967 erschien mit „The Living Demons“ eine Sammlung von elf Kurzgeschichten, die zwischen 1941 und 1967 vorwiegend in „Weird Tales“ erstmals veröffentlicht worden waren und 1970 als „Boten des Grauens“ in einem schmalen Bändchen bei Heyne in deutscher Erstausgabe erschienen.
In „Harrys Zeitkapsel“ lässt Professor Dr. Dr. Harrison Cramer eine Zeitkapsel vor allem mit Dingen füllen, die ihm überwiegend seine fünfzehn Jahre jüngere Frau vorschlägt, und die dann im neuen Haus des Humanismus ins Fundament eingemauert werden soll. Schließlich würde seine Frau, die übrigens eine Affäre mit dem Anwalt Rick unterhält, den sie nach einer schnellen Scheidung von Harry zu heiraten beabsichtigt, Harrys Meinung nach die Mehrheit repräsentieren. Also lässt er Plattenalben, Filmkopien der Fernsehreihe „Irgendwo, USA“ und Abenteuerromane zusammentragen und hebt sich das interessanteste Stück bis zum Schluss auf…
„Von einem Geist skalpiert“ erzählt die Geschichte von einem Mann namens Orlando Crown, der betrügerische Amateurokkultisten und berufsmäßige Geisteraustreiber entlarvt. Vor allem die weit verbreitete Praxis, indianische Geister als Mittler zwischen der Welt der Lebenden und der Toten zu verwenden, stößt bei Crown auf Ablehnung. Als er jedoch die Bekanntschaft von Mrs. Prinn macht, wird Crown eines Besseren belehrt…
In „Tod eines Vampirs“ spielt Graf Barsac die Rolle des Vampirs so gut, dass er die bereits auf der Bühne des Grand Guignol in Paris erprobte Hauptrolle auch im realen Leben zu verkörpern beabsichtigt, mit unvorhersehbaren Folgen…
„Die Bestien von Barsac“ stellt wiederum eine Variante des Sujets um einen verrückten Wissenschaftler dar. Hier wird Dr. Jerome in die Burg des exzentrischen Sebastian Barsac eingeladen, mit der an der Sorbonne studiert hatte. Barsac habe seit Verlassen der Universität einzig an einer Veränderung der Zellstruktur des Gehirns gearbeitet, um ein Bindeglied zwischen Mensch und Tier zu entdecken. Ihm sei es gelungen, mittels mechanischer Hypnose menschliche Charakteristiken auf Tiere zu übertragen. Dr. Jerome muss sehr schnell feststellen, dass hinter dem wahnwitzig wirkenden Gefasel seines alten Kommilitonen mehr steckt, als er ahnt…
In „Der Pakt mit dem Schatten“ hadert ein Drugstore-Betreiber, der Pharmazie studiert hatte, mit seinem Schicksal, jeden Tag zehn bis fünfzehn Stunden auf den Füßen zu sein, um seinen Kunden Coca-Cola und Schokoladensodas auszuschenken. Da ist es eine willkommene Abwechslung für ihn, als ein Mann, der sich als Chemiker ausgibt, der Experimente durchführt, ungewöhnliche Dinge wie Eisenhuttinktur, Belladonna, Phosphor und ein Dutzend Kerzen nachfragt. Allerdings bittet er, den fälligen Betrag für drei Tage zu stunden. Zwar hält der Mann sein Versprechen, wird aber fortan von einem geheimnisvollen Schatten begleitet…

„Als ich an diesem Abend nach Hause ging, sah ich die dunkle Straße mit neuem Interesse. Die schwarzen Häuser standen wie eine Barriere, hinter der phantastische Geheimnisse lauerten. Reihe auf Reihe, keine Häuser mehr, sondern dunkle Kerker von Träumen. In welchem Haus verbarg sich mein Fremder? In welchem Raum beschwor er welche seltsamen Götter? Wieder einmal fühlte ich die Gegenwart von Wundern in der Welt, von versteckten Seltsamkeiten hinter der Szene von Drugstore und technischer Zivilisation. Noch immer wurden schwarze Bücher gelesen, und wildäugige Fremde gingen und murmelten, Kerzen brannten in der Nacht, und eine vermisste Katze mochte ein Tieropfer bedeuten.“ (S. 99)

Robert Bloch erweist sich in einer seiner besseren Kurzgeschichten-Sammlungen als Meister des Schreckens, erzählt – natürlich – von den obligatorischen Vampiren, Okkultisten und experimentierfreudigen Wissenschaftlern, von leichtgläubigen und skeptischen Menschen, die mehr als dicht davor sind, die Schwelle zum Wahnsinn zu überschreiten, die aber auch oft genug eine böse Überraschung erleben. Vor allem ist Robert Bloch, der auch Drehbücher zu Filmen wie „Das Kabinett des Dr. Caligari“, „Der Puppenmörder“, „Der Foltergarten des Dr. Diabolo“ und „Totentanz der Vampire“ schrieb, ein Meister der kurzen, knackigen Pointe.


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