(Pulp Master, 340 S., Tb.)
Nachdem er den Bezirksstaatsanwalt Phil Coakley mit dreizehn Messerstichen ins Gesicht für immer fürchterlich verunstaltet hatte, durfte der korrupte Cop Joe Denton sieben Jahre im Gefängnis seiner Heimatstadt Bradley absitzen, wo er kurz vor seiner Entlassung noch eine Partie mit dem Gefängnisdirektor Morris Smith spielt. Dass Denton nach so kurzer Zeit auf Bewährung entlassen wird, hat er vor allem der Tatsache zu verdanken, dass er damals seinen Boss, Dan Pleasant, und den hinter ihm stehenden Polizeiapparat nicht verpfiffen hatte. Dabei hat Denton durchaus noch mehr auf dem Kerbholz, als ihm damals in der Verhandlung zur Last gelegt worden war.
Eigentlich will Denton nun verlorene Zeit nachholen, vor allem mit seinen beiden Töchtern. Doch wie er von seinen Eltern, bei denen er nach seiner Entlassung einzieht, erfahren muss, hat seine Ex-Frau Elaine mit den Kindern die Stadt in Richtung Albany verlassen und will nichts mehr von ihm wissen. Allerdings hängt Denton noch seine Vergangenheit nach. Sein alter Chef hat zwar ein Päckchen mit sechstausendfünfhundert Dollar und Papiere für ihn, die Denton offiziell nach zwanzig Dienstjahren mit 3460 Dollar monatlich in Pension gehen lassen, aber er hat noch einen schmutzigen Job zu erledigen: Während der örtliche Mafiaboss Manny Vassey mit Krebs im Endstadium im Krankenhaus auf sein letztes Stündlein wartet, liest ihm Coakley täglich aus der Bibel vor und versucht dem Todkranken ein Geständnis abzuluchsen. Das würde nicht nur für Denton, sondern auch für seine ehemaligen Kollegen und vor allem für Pleasant mehrere Jahre Knast bedeuten. Bevor Vassey irgendetwas ausquatscht, soll Denton zeitnah entweder Vassey oder Coakley ins Jenseits befördern. Da kommt ihm die Bekanntschaft mit der Krankenschwester Charlotte Boyd gerade recht.
Denton versucht, sie dazu zu bewegen, Vassey eine tödliche Dosis Morphium zu spritzen, doch inzwischen versucht auch Vasseys psychopathischer Sohn Junior, seinen alten Herrn vor unbequemen Besuchen zu beschützen. Doch Denton ist guter Dinge, dass sich trotz aller Schwierigkeiten die Geschichte zu seinen Gunsten entwickelt …
„Es gab keinen Grund zur Beunruhigung. Manny würde sich bald verabschieden, und fertig. Dan Pleasant würde mir nicht länger im Nacken sitzen, Phil Coakley mit leeren Händen dastehen und Junior, tja, der war nach wie vor eine Baustelle. Um ihn musste sich irgendwie gekümmert werden. Es musste ihm heimgezahlt werden, dass er zweimal auf mich geschossen hatte. Mir würde schon etwas einfallen, und wenn alles vorbei war, würde ich woanders einen Neuanfang machen.“ (S. 206)
Der von Noir-Autoren wie Jim Thompson und James M. Cain beeinflusste aus Boston stammende Schriftsteller Dave Zeltserman legt mit dem 2008 veröffentlichten Roman „Small Crimes“ einen temporeichen Thriller vor, der die Schwierigkeiten seines Ich-Erzählers thematisiert, nach einer glücklicherweise viel zu kurzen Haftstrafe sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Allerdings überwirft er sich nicht nur schnell mit seinen Eltern und seiner Ex-Frau, die ihm den Kontakt mit den gemeinsamen Kindern verbietet, sondern hat noch mit seiner kriminellen Vergangenheit zu kämpfen.
Zwar wirkt der korrupte Ex-Cop nach seiner Entlassung etwas geläutert, doch braucht es nicht viel, bis er wieder zum Koks greift und die Menschen in seiner Nähe zu manipulieren versucht.
Sympathieträger sucht man in „Small Crimes“ vergebens. Zeltserman versieht seine sprachlich recht einfach gestrickte Geschichte vor allem mit viel Action, die Denton in immer schwierigere Situationen manövriert, die oft nur mit Gewalt und Verrat zu lösen sind. Das ist ebenso spannend wie unterhaltsam, doch überzieht Zeltserman am Ende etwas den Bogen mit einem zu unglaubwürdigen Finale. Wer aber auf ebenso flüssig zu lesende wie temporeiche Thriller-Kost steht, wird an „Small Crimes“ viel Freude haben.