John Grisham – „Der Klient“

Mittwoch, 5. Juni 2019

(Hoffmann und Campe, 480 S., HC)
Als sich der elfjährige Mark Sway mit seinem drei Jahre jüngeren Bruder Ricky aus der Wohnwagensiedling, in der sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter Diane leben, stehlen, um im nahegelegenen Wald heimlich zu rauchen, stoßen sie auf einen Wagen mit laufendem Motor. Als Mark versucht, den offensichtlichen Selbstmordversuch zu unterbinden, indem er den Schlauch aus dem Auspuff zieht, wird er vom Fahrer ins Innere des Wagens gezerrt, wo er den Grund für die Verzweiflungstat erfährt: Bei dem bereits stark angetrunkenen Mann handelt es sich um den Mafia-Anwalt Jerome „Romey” Clifford aus New Orleans, der den Mafioso Barry Muldanno vertritt, weil dieser den Senator Boyd Boyette umgebracht haben soll.
Allerdings kann ihm schwerlich der Prozess gemacht werden, da bislang die Leiche des vermissten Mannes nicht aufgetaucht ist. Mark erfährt allerdings unfreiwillig, dass sich Boyettes sterbliche Überreste im betonierten Boden der Garage des Anwalts befinden. Nachdem sich Romey erschossen hat, alarmiert Mark die Polizei, sein kleiner Bruder wird mit einem Schock ins Krankenhaus eingeliefert, wo er ins Koma fällt. Als die Polizei zu ahnen beginnt, warum sich der Anwalt umgebracht hat, und etliche Spuren von Mark im Wageninneren sicherstellt, setzt der aus New Orleans stammende Staatsanwalt Roy Foltrigg alles daran, den Jungen zum Verhör zu zwingen. Dagegen will die Mafia sicherstellen, dass Mark nichts ausplaudert, und setzt seine Familie unter Druck.
Mark wendet sich an die engagierte Anwältin Reggie Love, die alle Mühe hat, den Jungen vor dem Zugriff des FBI, eines gewitzten Zeitungsreporters und der Mafia zu schützen.
„Hier war er nun, elf Jahre alt, allein, mal lügend, dann die Wahrheit sagend, dann noch mehr lügend, nie sicher, was er tun sollte. Die Wahrheit kann einen das Leben kosten – das hatte er einmal in einem Film gesehen, und es fiel ihm immer dann wieder ein, wenn er den Drang verspürte, irgendwelche Amtspersonen anzulügen. Wie sollte er je aus diesem Schlamassel wieder herauskommen?“ (S. 160)
Als John Grisham 1993 seinen vierten Roman „Der Klient” veröffentlichte, war er mit seinen zuvor veröffentlichten, allesamt erfolgreich verfilmten Bestsellern „Die Akte”, „Die Firma” und „Die Jury” bereits zum weltweit meistgelesenen Autor avanciert. Auch mit „Der Klient” beweist der ehemalige Anwalt, dass er ein außergewöhnliches Gespür für ein dramatisches Setting besitzt und daraus einen bis zum Schluss unerbittlich packenden Thriller zu kreieren versteht.
Die Angst, aber auch das selbstbewusste Auftreten des aufgeweckten Jungen wird dabei ebenso eindringlich beschrieben wie die rührende Fürsorge von Jugendrichter Harry Roosevelt und der vom Leben bereits arg gebeutelten Anwältin. Auf der anderen Seite bekommen sowohl die habgierigen und publikumshungrigen Anwälte und die Beamten der Strafverfolgungsbehörden auf süffisant humorvoll-garstige ihre gehörige Portion Fett weg, was den Lesegenuss auf ansprechende Weise fördert. Bereits ein Jahr nach Erscheinen des Romans hat Joel Schumacher eine gleichnamige Verfilmung mit Tommy Lee Jones und Susan Sarandon in den Hauptrollen in die Kinos gebracht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen