(Knaur, 346 S., Tb.)
Der 1952 in Birmingham, Alabama, geborene Robert R. McCammon gesellte sich in den ausgehenden 1970er Jahren zu der Elite bereits etablierter Horrorautoren wie Stephen King und Dean Koontz hinzu, als er im Alter von 25 Jahren seinen Debütroman „Baal“ veröffentlichte, mit dem der Autor seine Variante des ewigen Kampfes zwischen Gut und Böse thematisierte.
Als sich die zwanzigjährige Kellnerin Mary Kate Raines nach dem Ende ihrer Schicht auf den Weg zur Bushaltestelle macht, wird sie in einer dunklen Gasse von einem Mann angegriffen und brutal vergewaltigt. Als sie im Krankenhaus untersucht wird, stellt der behandelnde Arzt merkwürdige Verbrennungsmale an ihrem Körper fest, die die Form von Handabdrücken aufweisen, und zwar nicht nur im Unterleib und auf Armen und Schenkeln, sondern auch auf jedem Lid ist ein Fingerabdruck hinterlassen worden. Mary Kate bringt das Kind gegen den Willen ihres Mannes Joe zur Welt, doch stellt sie bald fest, dass ihr Sohn Jeffrey etwas aus der Art geschlagen ist.
Nachdem Joe unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist, wächst Jeffrey in einem Knabeninternat auf, wo er sich allerdings weigert, auf seinen Namen zu hören, und stattdessen mit Baal angesprochen zu werden fordert. Bald schon versammelt der Junge seine Altersgenossen um sich und beunruhigt mit seinem Verhalten sowohl die Schwestern als auch Pater Dunn. Schließlich brennt das Waisenhaus nieder…
Jahre später reist Dr. Donald Naughton, Professor der Theologie an der Universität von Boston City, im Rahmen seiner Recherchen über Messiaskulte nach Kuwait, wo ein Mann namens Baal ganze Menschenmassen aus aller Welt mobilisiert hat, ihm zu folgen und sich in wilder Raserei während der Versammlung zu paaren. Als Dr. James Virga, Naughton Vorgesetzter an der Universität, nichts mehr von Naughton hört und schließlich von dessen Frau Judith einen verstörenden Brief ihres Mannes vorgelegt bekommt, reist er selbst nach Kuwait, um seinen Freund ausfindig zu machen, doch was er dort entdeckt, übersteigt jede Vorstellungskraft.
Virga lernt einen geheimnisvollen Mann namens Michael kennen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Baal bis ans Ende der Welt zu jagen und unschädlich zu machen. Dr. Virga schließt sich dem Mann an und folgt ihm bis nach Grönland, wo Baal nach einem Zwischenfall im Nahen Osten mit einigen seiner Anhänger geflüchtet sein soll…
„Wo ist Gott? fragte er sich. Ist die Menschheit so hoffnungslos verloren, dass Gott diesen Augenblick ohne einen einzigen barmherzigen Atemzug geschehen lässt? Ist Baal so mächtig geworden, dass selbst Er mit Entsetzen geschlagen ist? Der Gedanke machte ihn frösteln. Ihm schien, als wäre der gewaltige Mechanismus, der die letzten Augenblicke der Menschheit einläutete, in Bewegung gesetzt worden; er tickte die Sekunden fort wie eine gigantische Pendeluhr.“ (S. 238)
McCammon bezeichnet seinen 1978 veröffentlichten Debütroman in dem 1988 geschriebenen Nachwort als „Zorniger junger Mann“-Roman, als ersten Versuch, aus der Tretmühle eines öden Jobs herauszukommen und seine Brötchen als Schriftsteller zu verdienen. Besonders originell wirkt der Plot dabei nicht. Die kurz abgehandelten Stationen von Baals Lebenslauf von seiner Zeugung über das Aufwachsen bei der überforderten Mutter und in katholischen Internaten bis zu seinen erfolgreichen Methoden, massenhaft Jünger zu rekrutieren, bewegen sich in vertrauten Regionen, die William Peter Blattys „Der Exorzist“ (1971) und dessen erfolgreiche Verfilmung durch William Friedkin sowie Filme wie „Das Omen“ (1976) und „Rosemaries Baby“ (1968) vorgezeichnet haben, um damit eine neue Welle des Horrorkinos loszutreten.
Das Finale im eisigen Grönland erinnert zudem an Mary Shelleys „Frankenstein“. McCammons „Baal“ zeichnet sich eher durch die exotischen Schauplätze in Kuwait und Grönland aus, die der Autor eindrücklich vor den Augen des Lesers mit Leben erfüllt, und die gut gezeichneten Charaktere, während der Plot doch recht skizzenhaft ausgefallen ist und mehr Tiefe hätte vertragen können. Für einen Debütroman besticht „Baal“ zudem durch eine bildreiche Sprache, die in späteren Werken des Autors noch geschliffener zum Ausdruck kommt.