(Heyne, 592 S., HC)
Seine erzählerische Meisterschaft stellt Stephen King in seinem Roman „Atlantis“ eindrucksvoll unter Beweis. In diesem Epos, das in der Woodstock-Ära angesiedelt ist und damit das Lebensgefühl von Stephen Kings Generation widerspiegelt, entwirft King das einfühlsame Szenario einer Freundschaft zwischen dem elfjährigen Bobby Garfield und seinem neuen Nachbarn Ted Brautigan, der durch seine Lebenserfahrung und Klugheit schnell zu Bobbys Lehrmeister wird.
Allerdings bittet der Alte seinen jungen Freund bald um Beistand gegen mächtige Feinde in senfgelben Mänteln, als Menschen getarnte Außerirdische. Was Bobby anfangs als Spinnerei abtut, entpuppt sich schließlich als reale, mächtige Bedrohung nicht nur für Bobby und seinen väterlichen Freund, sondern für die ganze Kleinstadt Harwich im Nordosten der USA. Geschickt zeichnet King das komplexe Portrait seiner eigenen Generation, macht durch die Verstrickung von der im Zuge des Vietnam-Traumas aufkeimenden Paranoia mit Verrat, Gewalt, Träumen und Ängsten das Lebensgefühl einer Ära transparent, deren Alltag ebenso vom normalen Wahnsinn durchzogen wurde wie heute.
Die filmische Adaption von Scott Hicks („Shine“, „Schnee, der auf Zedern fällt“) mit Anthony Hopkins in der Rolle von Ted Brautigan zählt übrigens auch zu den besten unter den unzähligen Stephen-King-Verfilmungen.
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