(Heyne, 976 S., HC)
Über 125 Jahre nach dem Ableben der beiden miteinander befreundeten großen englischen Schriftsteller Wilkie Collins („Die Frau in Weiß“) und Charles Dickens („Oliver Twist“, „Große Erwartungen“) taucht eine Geschichte auf, in der Wilkie Collins die letzten Jahre im Leben seines Freundes beschreibt, das am 9. Juni 1865 eine tragische Wendung genommen hat. An diesem Tag befand sich Charles Dickens im Tidal Train auf der Rückreise nach London (nachdem er in Paris an seinem Buch „Our Mutual Friend“ gearbeitet hatte), als der Zug an einer Baustelle nicht rechtzeitig zum Stehen kam und über einer Brücke entgleiste. Nur ein Wagen der ersten und einer der zweiten Klasse schafften es auf die andere Seite. Zu den Glücklichen, die in jenem Wagen der ersten Klasse saßen, gehörte der damals wohl neben Shakespeare berühmteste Autor, der sich gleich auf den Weg machte, zu den Toten und Verletzten zu eilen. Doch während seiner Rettungsaktion fiel Dickens ein großer, dünner Gentleman in einem schweren, schwarzen Umhang auf, der ausgemergelt wie eine Leiche aussah und dem mehrere Finger teilweise oder ganz fehlten. Als sich die beiden Herren einander vorstellten, meinte Dickens den Namen „Drood“ verstanden zu haben, und offensichtlich wollte er nach East London, wo der Zug eigentlich nicht hinfuhr.
Dan Simmons hat sich erfolgreich als Autor im Horror-Genre („Kinder der Nacht“, „Kraft des Bösen“) und in der Science-fiction („Hyperion“, „Ilium“) einen Namen gemacht, mit dem 2007 veröffentlichten „Terror“ nahm er sich John Franklins abenteuerlichen Suche nach der Nordwestpassage an und landete mit dem historischen Thriller einen Bestseller. Mit „Drood“ setzt Simmons nun seine Arbeit in diesem Genre fort und spinnt aus dem Eisenbahnunglück, das Dickens tatsächlich an besagtem 9. Juni 1865 erlebte und von dem er sich nie so recht erholte, eine höchst spannende Geschichte, die eindrucksvolle Einblicke in das Leben zweier berühmter englischer Schriftsteller gewährt und dabei ihre Epoche lebensnah vor Augen führt.
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