(Lübbe, 496 S., HC)
Wie seine berühmten Kollegen James Patterson, John Grisham oder Stephen King hatte auch David Baldacci das Glück, seinen Erstlingsroman erfolgreich verfilmt zu sehen und so seine weitere Karriere als Schriftsteller in den Gefilden internationaler Bestsellerlisten zu erleben. Nachdem Baldaccis Romandebüt „Absolute Power“ aus dem Jahre 1996 bereits ein Jahr später von und mit Clint Eastwood in der Hauptrolle verfilmt worden war, schrieb der US-Amerikaner zwar weiterhin voneinander unabhängige Thriller (und gelegentlich auch etwas seichtere Stoffe), verlegte sich seit Anfang der 2000er Jahre aber beginnend mit dem Ermittler-Duo Sean King und Michelle Maxwell sowie dem Camel Club auf ganze Romanreihen. Mit „Gefährliches Komplott“ legt Baldacci nun einen Thriller mit einer charismatischen Protagonistin vor, der ebenfalls das Zeug besitzt, zu einer eigenen Reihe erweitert zu werden.
Nach der Trennung von ihrem Mann, der das gemeinsame Bankkonto leergeräumt hatte und mit seiner Sekretärin durchgebrannt war, schlägt sich Mickey Gibson weitgehend allein mit ihren beiden Kleinkindern Darby und Tommy durch und ist froh, nach ihrem aufreibenden Job als Detective bei der Polizei nun bei ProEye meist im Homeoffice vermögende Steuer- und Kreditbetrüger aufzuspüren. Wenn sie dann doch mal das Haus für einen Auftrag verlassen muss, übernehmen Micks Eltern die Betreuung ihrer Kinder, so auch, als eine vermeintlich neue Mitarbeiterin namens Arlene Robinson bei ProEye sie damit beauftragt, zu einem alten Herrenhaus am James River in Virginia zu fahren, um dort eine Inventur der Inneneinrichtung durchzuführen. Doch als sie dort eintrifft und einen Mann tot vorfindet, entwickelt sich ihr Leben zu einer Tour de Force.
Wie sich herausstellt, wurde der Mann vergiftet, und da sich Gibson nicht bei ihrem Chef wegen des Auftrags rückversichert hatte und nun feststellen muss, dass der Auftrag gar nicht von ProEye erteilt worden sei und es die neue Mitarbeiterin gar nicht gebe, sieht sich die ehemalige Polizistin nun selbst dem Verdacht ausgesetzt, etwas mit dem Mord an dem Mann zu tun zu haben, der zunächst als Daniel Pottinger identifiziert wird, hinter dem allerdings der Mafiabuchhalter Harry Langhorne steckt.
Gibson wird erneut von der Frau kontaktiert, die sich zunächst als Arlene Robinson vorgestellt hat, sich nun aber als Clarisse ausgibt und ihr nahelegt, weiterhin für sie zu arbeiten, da Langhorne offensichtlich eine Menge Mafiageld beiseitegelegt hat, nach dem etliche Leute her sind. Mickey Gibson ist sich unsicher, ob der ermittelnde Detective Wilson Sullivan wirklich auf ihrer Seite steht, bringt sich und ihre Familie durch die Arbeit an dieser Schatzsuche in Gefahr, aber auch auf Clarisse haben es mächtige Gegner abgesehen…
Trotz seines beachtlich produktiven Outputs zählt David Baldacci noch zu den Bestseller-Autoren, die auch nach über fünfzig Romanen noch packende, interessante Geschichten mit faszinierenden Hauptfiguren zu erzählen wissen. Das trifft auch auf „Gefährliches Komplott“ zu, einen Thriller, der sich auf das Verwirrspiel mit Identitäten, dunklen Mafiageschäften und undurchschaubaren Finanzaktionen in den Tiefen des Internets fokussiert, aber genügend Raum für die Charakterisierung der beiden weiblichen Hauptfiguren lässt, die der Autor jeweils aus ihrer eigenen Perspektive erzählen lässt.
Das ist nicht immer leicht nachzuvollziehen und birgt auch einige unnötige Längen, doch versteht Baldacci es souverän, die Spannung durchgehend auf einem hohen Niveau zu halten. Beim temporeichen Finale geht es wie so oft übertrieben hoch her, doch macht es neugierig, ob und wie es mit Mickey Gibson wohl weitergeht…