(Hannibal, 262 S., Pb.)
Dass sich die heutige Musikszene auf eine spannend zu beobachtende Öffnung der einzelnen Stile und Gattungen hin zu mehr oder weniger benachbarten musikalischen Ausdrucksformen eingelassen hat, ist sicherlich ein hervorragendes Beispiel für die postmoderne Vielfalt und Beliebigkeit, die mittlerweile in fast allen kulturellen Bereichen zu beobachten ist. Der an der Universität von San Diego Ethnic Studies lehrende Professor George Lipsitz entwirft in seinem nachdenklich stimmenden, ungemein anregenden Buch „Dangerous Crossroads“ ausgehend von der sogenannten Weltmusik ein vielschichtig angelegtes Panorama von sich einander begegnenden und miteinander vermischenden Musikstilen, wobei sich Lipsitz nicht mit der Analyse der rein musikalischen Stilmittel begnügt, sondern in erster Linie auf die Auswirkung der Weltökonomie auf kultureller Ebene abzielt, was gleichermaßen Chancen und Risiken birgt.
Bereits im umfangreichen Vorwort zur deutschen Ausgabe zieht der Autor Parallelen zwischen den Unruhen in Los Angeles von 1992 und den fremdenfeindlichen Gewaltanschlägen in Deutschland nach der Wende, sieht die Ursachen in jahrelanger rassischer, ökonomischer und politischer Unterdrückung ethnischer Minderheiten. Lipsitz beschreibt im folgenden, wie interethnische Zusammenarbeit zwar nicht unbedingt zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt, aber doch gewisse nationale kulturelle und politische Diskurse über die engen Staatsgrenzen hinaus anregen kann. Wer sich nicht scheut, den allgegenwärtigen Crossover auch jenseits seiner populären Ausprägungen, nämlich im indischen Reggae, in der Discomusik oder in der haitianischen Popmusik zu betrachten und seine politischen und interkulturellen Dimensionen zu erfassen, erhält mit Lipsitz’ detaillierter und anregend geschriebener Analyse einen interessanten Blick auf die Mechanismen und Auswirkungen von Begegnungen verschiedener Musikstile und -traditionen.
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