(Droemer, 608 S., HC)
Mit seinem ersten großen historischen Kriminalroman „Das Urteil am Kreuzweg“ wurde der britische Kunsthistoriker Iain Pears bereits in einem Atemzug mit Umberto Eco genannt. Mit seinem neuen Epos „Scipios Traum“ entführt der begnadete Autor den Leser nach Avignon in die südfranzösische Provence und in gleich drei Zeitebenen, die jeweils die schwierige Entscheidung der Protagonisten zwischen Verstand und Gefühl illustrieren. Da ist auf der einen Seite Manlius Hippomanes, ein römischer Aristokrat des 5. Jahrhunderts, der sich in seinem Traktat „Scipios Traum“ philosophisch mit den moralischen Problemen seiner Zeit auseinandersetzt.
Während er taktische Kompromisse eingeht, um die römische Zivilisation gegen die anstürmenden Germanen zu verteidigen, wird er von seiner tief verehrten Freundin Sophia verstoßen. Auf der anderen Seite ist Olivier de Noyen, Dichter und Sekretär im 14. Jahrhundert, als Kurier an einer Verschwörung der Kardinäle beteiligt, die sich für eine Rückkehr des Papstes nach Rom einsetzen. Und schließlich übernimmt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs Julien Barneuve ein Ministeramt in der Hoffnung, Schlimmeres unter deutscher Besatzung zu verhindern, doch kann er seine jüdische Frau nicht vor den Deutschen beschützen. Auf eindringliche Weise beschreibt Pears die moralischen Konflikte dreier Männer, die sowohl von philosophischer Neugier als auch der Liebe zu einer Frau getrieben sind. Das eindringliche wie vielschichtige Werk ist als Auseinandersetzung mit wichtigen philosophischen Ideen und der europäischen Geschichte ebenso gelungen wie auch als leidenschaftliches Epos über die Liebe.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen