(art-manufaktur, 208 S., HC)
S/M- und Fetisch-Fotografie ist mittlerweile so populär, dass sie teilweise den subkulturellen Kontext bereits verlassen und Alltagscharakter angenommen hat. Selten jedoch stößt man noch auf künstlerische Arbeiten in diesem Gebiet, die den Betrachter wirklich schockieren. Inwieweit das die Fotografien im ersten Bildband von Thomas van de Scheck vermögen, wird jeder selbst für sich entscheiden müssen, doch gänzlich unberührt wird man „Cuts“ nach der Auseinandersetzung mit den eigenwilligen Portraits nicht weglegen.
Obwohl der Künstler, der bereits als Tontechniker, freier Redakteur und Werbetexter gearbeitet hat und Bassist bei Cancer Barrack gewesen ist, auch viel mit Make-up und „Special Effects“ gearbeitet hat, wirken seine Bilder meist schmerzlich/sinnlich realistisch, präsentieren eine morbide Ästhetik im besten Sinne. Dass sich die fast ausschließlich weiblichen Motive so stark ins Bewusstsein brennen, liegt zweifellos auch in der Tatsache begründet, dass van de Scheck seine Modelle stets vor absolut weißem Hintergrund abgelichtet hat, dass der Betrachter gezwungen ist, seine volle Aufmerksamkeit auf das Model zu fokussieren. Es ist eben nichts da, wohin der Blick abschweifen könnte. Der erste, „Beautiful Strangers“ betitelte Teil von „Cuts“ bietet noch recht harmlose Portraits von Gothic-Leuten in Lack und Leder, Samt und Pelzen und den üblichen Accessoires, mal mehr, mal weniger bekleidet und geschminkt. Derart eingestimmt geht es im nächsten Kapitel, „Secret Wishes“, um, wie es Matthias T. J. Grimme („Schlagzeilen“, Bondage Project u.a.) im Vorwort zum Kapitel nennt, inszenierte „Begehrlichkeiten“, aber um welche, um die des Betrachters? „Sind es die Träume der dargestellten Protagonisten? Die Deutungen des Foto-Künstlers?“ Interessant sind diese in klaren, bunten Farben gegossenen Fantasien allemal. Und schließlich entführt uns der Künstler im abschließenden „Wild Cuts“ in die manchmal schwer nachzuvollziehende Welt der Autoaggression, doch hier vermag bereits das Vorwort eines „Opfers“ für Aufklärung sorgen. „Cuts“ ist auf jeden Fall ein Werk, das der Auseinandersetzung lohnt und zum Glück trotz der Klischee-Nähe nie zu plump und aufgesetzt wirkt.
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